Vielleicht wird sich manch einer verwundert die Augen
gerieben haben, als er unter den teilnehmenden Vereinen beim Viva Con Agua Cup
im Januar den FC Sylt fand und sich vielleicht, was denn bitte das für ein
Verein sein möge, in dessen Reihen sich mit Marcel Rath ein am Millerntor nicht
unbekannter Name wiederfindet. Tja, das ist eine Geschichte, wie sie ein Herr
Hopp im Kraichgau schrieb. Dietmar Hopp hatte einstmals einen Traum...er wollte
mit einem Dorfverein in der Bundesliga spielen. Den Traum hat er sich erfüllt,
mittlerweile. Volker Koppelt hatte einen ähnlichen Traum. Dem 62 jährigen
gehören auf der Ferieninsel Sylt Hotels, Restaurants und ein paar
Apartmenthäuser. Und so schuf er sich ein Kunstgebilde, den FC Sylt. Mit dem
möchte Koppelt zumindest in der höchsten Liga Schleswig-Holsteins spielen. Also
alles etwas kleiner und beschaulicher als in Hoffenheim oder auch bei Chelsea,
denn Koppelt hat hier oben an der Küste den bösartigen Beinamen Abramovich
Nordfrieslands. Der gelernte Steuerberater ist allerdings nicht nur Mäzen und
Präsident, sondern offiziell auch Trainer des Vereins, den er in der
Verbandsliga übernommen hatte. Das unterscheidet ihn also deutlich von den
Machern des FC Chelsea und der TSG 1899 Hoffenheim. Koppelts Engagement im
Fußball begann logischerweise auf Sylt, beim SC Norddörfer in Wenningstedt, wo
auch das Syltstadion steht; die Mannschaft marschierte von der B-Kreisklasse
Nordfriesland bis in die Bezirksoberliga Nord, in der es plötzlich auch im
Fußball auf der Insel Geld zu verdienen gab, natürlich nicht offiziell. Doch
dann zerbrach die Beziehung 2007 und endete im Rechtsstreit; Koppelt wurde bei
den Norddörfern als Vorsitzender abgelöst und aus dem Verein ausgeschlossen. Im
Syltstadion in Wenningstedt spielt mittlerweile das Team Sylt, das mit den
Resten der Norddörfer Mannschaft eine Spielgemeinschaft einging. Aber Koppelt
fand eine neue Heimat für seinen Traum; gründete seinen FC Sylt und ging mit
dem FC Haddeby 04 eine Spielgemeinschaft ein. Fortan trugen die „Insulaner“
ihre Heimspiele in der 2.300 Seelen-Gemeinde in Fahrdorf am Südende der Schlei
aus. Und Meister Koppelt fing an, einige namhafte Spieler in die Provinz zu
locken; u.a. Maik Wilde aus Lübeck und Marcel Rath, einstmals Profi beim FC St.
Pauli und gerade arbeitslos nach einem Engagement in Zypern. Im Café seiner
Lebensgefährtin in Wesselburen soll Koppelt ihn aufgegabelt haben und ihm
gesagt haben „jetzt spielst du für uns“. Summen von 1.200 € pro Monat stehen im
Raum, von 20.000 € pro Jahr, was man beim FC Sylt verdienen kann. Wie gesagt,
wir reden immer noch von der siebten Liga. Das wird natürlich von den Syltern
eifrig und jederzeit dementiert. Der Meister marschiert, gewinnt schließlich die
2009 die Verbandsliga SH-Nordwest mit 11 Punkten Vorsprung auf den
Tabellenzweiten und wäre damit für die Aufstiegsspiele zur Schleswig-Holstein
Liga qualifiziert gewesen. Da bremste allerdings die Satzung des SHFV:
Spielgemeinschaften dürfen nicht höher aufsteigen als bis zur Verbandsliga,
auch nicht einer der an ihr beteiligten Vereine. Koppelt und sein Anwalt Dr.
Wolfgang Klein (bekannt aus Funk und Fernsehen und als Ex-Präsident des HSV)
legten Rechtsmittel ein und verloren. So einigte man sich im Juli 2009, die SG
Sylt Haddeby wurde aufgelöst; der FC Sylt nahm den Verbandsligaplatz ein, dreht
also quasi eine Ehrenrunde um den Aufstieg in die Oberliga, der FC Haddeby
wandert in die Kreisliga. Man nannte das Ergebnis „eine für alle befriedigende
Lösung“. Was im Zweifelsfall heißt, das Geld geflossen ist, von der Mutter
Koppelt an die Leihmutter Haddeby, was natürlich auch alle Beteiligten
dementieren. Nun nannte sich Koppelts Traum, Schleswig-Holstein-Meister zu
werden, einfach nur FC Sylt. Seine Klagen, keine Heimat, kein Stadion und keine
Mannschaft zu haben, konnten relativ schnell beendet werden. Über das Thema
Heimat kann man streiten, das Thema Stadion erledigte sich relativ schnell,
indem man im Lundbarg des TSV Fahrdorf heimisch bleiben kann. Und das Thema
Mannschaft, da ging Koppelt wieder reisen. Natürlich nahm Koppelt acht Spieler
aus Haddeby mit, darunter die Ex-Profis Wilde, Rath und Türkmen (auch Ex-
Lübeck). Vier Spieler folgten dem Ruf des Ex-Kollegen Guido Gehrke (ehemals
Holstein Kiel), schon 2007 im Gespräch bei den Norddörfern, und verließen den
Ligakonkurrenten Husumer SV, der gerade aus der Oberliga abgestiegen war. Der
Ex Manager von Altona 93, Jörg Franke, versprach, die besten Oberligaspieler
Hamburgs an die Schlei holen zu wollen und ein Zittern ging um in Hamburgs
Fußballlandschaft. Nun ist Franke zwar nicht Sportdirektor beim FC Sylt
geworden, aber in Hamburg wurden die „Insulaner“ trotzdem fündig. Mit Andreas
Krohn (30, Norderstedt), Helge Mau (39,
Meiendorf), Dennis Weber und Ugur Alavanda (32 u. 27, Wedel) und Thomas
Fliegel (32, FC Süderelbe) erlagen einige Routiniers dem Lockruf des Goldes und
schnüren nun ihre Stiefel an der Schlei. Mit Oliver Kunkel (21) von Bergedorf
gelang es sogar, ein hoffnungsvolles Talent zu verpflichten. Doch Koppelts
Traum vom Aufstieg und der schleswig-holsteinischen Meisterschaft schien zu
Anfang der letzten Saison in weite Ferne gerückt. Das deckte sich kaum mit
seinen Ansprüchen. Zwar führte man zur Winterpause die Tabelle mit 47 Punkten
an, doch Verfolger Frisia 03 Lindholm saß den Exil-Syltern mit 45 Zählern im
Nacken und hatte noch zwei Spiele mehr zu bestreiten. Also ging Herr Koppelt in
der Winterpause nochmals reisen und packte die Schatulle aus, um den Kader
erneut zu verstärken. So gelang der Aufstieg in die Schleswig Holstein Liga
(was allerdings auch an den schwächelnden Lindholmern lag). Und jetzt...ach so
nebenbei; man könnte ja auch mal mittelfristig von der Regionalliga träumen
(auch wenn das nicht offiziell als Ziel ausgerufen wurde). Koppelt hat ganz
unverhohlen die Schleswig-Holstein-Meisterschaft als Ziel ausgerufen. Zu diesem
wurde nochmals eingekauft und der Kader quasi ausgetauscht, 15 Spieler durften
gehen. Der ehemalige litauische Nationalspieler Dmitrijus Guscinas (u.a. Holstein
Kiel, Paderborn und Osnabrück) gilt nun offiziell als „Spielertrainer",
offiziell ist Koppelt Manager und Trainer in einer Person, allerdings war das
auch mit dem Training immer so eine Sache. Schon Früher gab es eine Lübecker
Trainingsgruppe um Maik Wilde und Ibrahim Türkmen und eine Hamburger Gruppe um
Helge Mau. Nun trifft man sich drei Mal die Woche bei Guscinas in Bimöhlen im
Kreis Segeberg, weil das so nett in der
Mitte liegt und über die A 7 gut zu erreichen ist. Denn von den 16 Neuzugängen
kommen allein fünf von Holstein Kiels Zweitverwertung und drei aus Henstedt
Ulzburg, weswegen Jens Martens, der Trainer, gar nicht gut auf den Mann mit dem
Koffer zu sprechen ist, der ihm seine Leistungsträger abspenstig gemacht hat.
Und mit Kevin Weidlich sicherte sich Koppelt die Dienste eines der größten
Talente des Hamburger Amateurfußballs, der zuvor schon mit höherklassigen
Vereinen in Verbindung gebracht worden war. Was das alles kostet???: „Alle
Spieler haben Verträge, da steht drin, was sie kriegen“ sagt Koppelt zu dem
Thema, „schauen wir mal, was das kostet.“ Spricht für extrem erfolgsorientierte
Verträge. Da hat Koppelt lange noch nicht so viel ausschütten müssen. Die
Mannschaft kam nur schwer in Tritt, wird aber nun so langsam ihrer
Favoritenrolle gerecht und hat sich bis auf zwei vorgearbeitet. Eines hat Koppelt allerdings noch nicht
erreicht. Die Verhandlungen mit der Gemeinde Wenningstedt auf Sylt, die Koppelt
seinem Team die Rückkehr auf die Insel ermöglichen sollte, verliefen sich auch
im Sande. Koppelt wollte einige Spiele in der Rückserie 2009/10 im Syltstadion
austragen, das verweigerte das Team Sylt als Pächter des Stadions, auch ein
Testspiel gegen den HSV wurde den Pseudo-Syltern verweigert, angeblich weil der
Rasen eine solche Mehrbelastung nicht vertragen würde. Sollte den Syltern der
Sprung in die Regionalliga gelingen, wird es spannend werden, in welchem
Stadion man dann spielt, denn dann geht das Fahrdorfer Stadion auf keinen Fall
mehr und so viele regionalligataugliche Stadien gibt es in Schleswig Holstein
nicht. Aber auch da wird sich sicherlich eine Lösung finden für Klein
Hoffenheim von der Waterkant. // Fuisligo
|
Name
|
Alter
|
seit
|
letzter Verein
|
TW
|
Niels Behrensen
|
32
|
2007
|
Flensburg 08
|
TW
|
Maik Wilde
|
37
|
2005
|
VfB Lübeck
|
TW
|
René Peim
|
31
|
2010
|
TSV Neuland
|
TW
|
Fynn Berndt
|
22
|
2010
|
Breitenfelder SV
|
AB
|
Benjamin Hermberg
|
31
|
2010
|
SV Henstedt Ulzburg
|
AB
|
Matthias Hummel
|
25
|
2010
|
SV Holstein Kiel II
|
AB
|
Shpend Meshekrani
|
22
|
2010
|
SV Holstein Kiel II
|
AB
|
Hannes Schäfke
|
21
|
2010
|
VfR Neumünster
|
AB
|
Martin Weiss
|
34
|
2010
|
Meiendorfer SV
|
MF
|
Timo Bruns
|
28
|
2010
|
SV Holstein Kiel II
|
MF
|
Abdullah-Ali
|
22
|
2010
|
VfR
Neumünster
|
MF
|
Bastian
Hasler
|
26
|
2009
|
SV Holstein Kiel II
|
MF
|
Romano
Lindner
|
25
|
2010
|
VfB Lübeck
|
MF
|
Sebastian
Sältz
|
23
|
2009
|
Husumer SV
|
MF
|
Helge Mau
|
40
|
2009
|
Meiendorfer
SV
|
MF
|
Norman Lund
|
31
|
2010
|
Meiendorfer SV
|
MF
|
Kevin Weidlich
|
20
|
2010
|
USC Paloma
|
MF
|
Felix Römhild
|
19
|
2010
|
Oststeinbecker SV
|
ST
|
Dimitrijus Guscinas
|
34
|
2010
|
SV Holstein Kiel
|
ST
|
Björn Kastner
|
22
|
2010
|
SV Holstein Kiel II
|
ST
|
Timo Mäkelmann
|
29
|
2010
|
SV Henstedt Ulzburg
|
ST
|
Sebastian
Mahnke
|
28
|
2010
|
SV Henstedt Ulzburg
|
ST
|
Nico Schrum
|
23
|
2010
|
SV Holstein Kiel
|
ST
|
Marcel
Rath
|
34
|
2007
|
Dighenis
Morphou (ZYP)
|
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