Mittwoch, 1. September 2010

Mit kleiner Kasse zum Kampf um die Klasse


Wir erinnern uns noch an 2001, an den letzten Aufstieg in die Bundesliga – damals hatte es geheißen, die Aufstiegsmannschaft bildet den Kern für die erste Liga und plötzlich war ein Haufen neuer Spieler da, die dann aufliefen, weder zur Mannschaft passten, noch echte Verstärkungen darstellten (Marcao, Cenci, Inceman, Amadou, Yakubu und begrenzt auch Katze Bulat)). Nach dem Abstieg 2002 war es ja sogar noch schlimmer, da durfte jeder von den drei Trainern quasi nochmals auf Shopping-Tour gehen, so dass der FC am Ende einen Kader von 36 Spielern hatte.
Das ist anders, seit Stanislawski Trainer und Helmut Schulte Sportdirektor ist ist, der Kader wurde Saison für Saison punktuell verstärkt und auch vor dieser Saison wurde nicht wilde Sau gespielt – keine brasilianischen U19 Nationalspieler, keine kroatischen Wunderflieger. Sieben Abgänge und nur fünf Neuzugänge für kleines Geld...vielleicht hat sich der eine oder die andere gefragt, was wir denn mit DEM wollen, aber nachweislich haben die Herren Schultislawski bisher bei ihren Verpflichtungen immer ein glückliches Händchen bewiesen und auch vermeidliche Hänger wurden unter ihrer Leitung zu Erfolgsgaranten. In sofern habe ich bei unseren fünf Neuen diesmal gar keine Angst. Zwar haben wir inzwischen schon den vierten Spieltag, aber trotzdem seien alle Neuen nochmals herzlichst von den Übersteigers gegrüßt und vorgestellt.
Und das sind die Neuen im Überblick: 

Gerald Asamoah (32) – Sturm 

Gut, der ist über das Stadium eines Talentes schon weit hinaus. Geboren in Mampong, Ghana, lebt seit seinem 12. Lebensjahr in Deutschland und begann seine Profikarriere 1996 bei Hannover 96, mit denen er nach zwei Jahren Regionalliga 1998 in die 2. Liga aufstieg, wo er 21 Spiele bestritt (4 Tore). Der Beginn einer großen Karriere, die beinahe beendet wurde, nachdem bei ihm eine Verdickung der Herzscheidewand diagnostiziert wurde (HNCM). Ärzte rieten ihm zum Abbruch seiner Karriere, doch nach einer Behandlung in den USA setzte er sie fort; das Restrisiko trägt der Spieler selbst, allerdings hat jeder Verein, bei dem Gerald spielt, stets einen Defibrillator am Spielfeldrand bereitzuhalten. Der wird nun also nach elf Jahren auf Schalke am Millerntor für ihn bereit stehen.
Zeit online nennt ihn unseren „Königstransfer“. Der FC St. Pauli hat wieder einen echten deutschen Nationalspieler, auch wenn es nur ein gewester ist. Von 2001 bis 2006 trug Gerald 43 mal den Adler auf der Brust (6 Tore / 3 Vorlagen), war beim Sommermärchen 2006 nur der „gute-Laune-August“ und durfte nur beim 3:0 gegen Ecuador mal 18 Minuten mitspielen, ansonsten sorgte er für die Musikuntermalung in der Kabine. Ob das auch sein Job am Millerntor wird, scheint eher fraglich,  denn vor allem aber bringt er viel Erfahrung mit und einen unglaublichen Spielwillen – schließlich hätte er ja auch seinen Vertrag auf Schalke einfach aussitzen können, wo er in der letzten Saison nicht mehr zum Stammpersonal gehörte. Doch nun hat er sich für zwei Jahre an uns gebunden, wo er schon beim Testspiel im letzten Winter begeistert empfangen worden war. Asamoah hat das Zeug dazu, ein Leader zu werden für eine alte Hasen-Achse...Morena Lehmann und eben er. 279 Bundesligaspiele für Schalke von 1999 bis 2010 hat er auf dem Buckel, 44 Tore geschossen und 25 Vorlagen gegeben. Zu Anfang der Saison leider verletzt, dürfte er aber jetzt wieder dabei sein So wie er sich bisher präsentiert hat in der Vorbereitung werden wir auf jeden Fall viel Spaß an ihm haben, denke ich.

Fin Bartels (23) – offensives Mittelfeld / Sturm

Vor seinem Wechsel zum FC hat Fin wohl erstmal mit Bastian Oczipka telefoniert, ob er das denn machen soll. Schließlich fand seine bisherige Vereinskarriere nicht gerade bei unseren Lieblingsgegnern statt. Keine Bange, Fin...wir sind tolerant hier am Millerntor; wenn du ein braun weißes Herz zeigst, dann verzeihen wir dir ebenso wie Bastian, dass einstmals darüber eine Kogge ruhte und auch den Storch verzeihen wir dir dann. Bartels begann seine Profikarriere nämlich bei Holstein Kiel 2005 und durfte schon mal 23 Minuten Millerntor-Luft schnuppern. Nach dem Regionalliga-Abstieg der Störche 2007 wechselte er dann zu Hansa Rostock, war ansich für die zweite Mannschaft vorgesehen, spielte sich allerdings in die Stammformation der ersten Mannschaft, so bringt er eine Bundesligaerfahrung von 19 Spielen (4 Toren) mit. In der zweiten Liga kommt er auf 58 Einsätze für Hansa (10 Tore / 8 Vorlagen), in der Regionalliga lief er 50mal für Holstein Kiel auf und traf 5mal, für Rostock II hatte er acht Einsätze (4 Tore.) Außerdem ist er U21-Nationalspieler, auch wenn sein einziger Einsatz 2008 schon etwas zurückliegt. Beim ersten Saisonspiel in Freiburg bewies er auf jeden Fall schon mal seine Qualitäten.

Thomas Kessler (24) - Torwart

Auch Thomas Kessler kennt das Millerntor schon. Am 18.02.2005 stand er im Tor der Regionalligamannschaft des 1. FC Köln, die gegen St. Pauli 0:2 verlor. Auch Kessler kommt nur auf Leihbasis für 50.000 € von den Domstädtern, deren Trikot er seit 2000 trug. Momentan ist er nur die Nummer 1 ½ (zusammen mit Bene) hinter Matthias Hain, der aber wohl definitiv seine letzte Saison spielt und dabei immer mehr in die Position des Torwarttrainers wechseln soll. Dann haben wir den Kessler noch eine Saison, bevor er in Köln der Nachfolger von Faryd Mondragon werden soll. Für die Zweitverwertung des 1. FC Köln absolvierte Kessler 45 Spiele – 15 in der Regionalliga Nord und 30 in der Oberliga Nordrhein. In der 2. Bundesliga kommt er auf 6 Einsätze und in der 1. auf fünf sowie auf einen im DFB Pokal. Auch Kessler war zu Saisonbeginn verletzt (Muskelfaserriss), dürfte aber jetzt auch wieder zur Verfügung stehen. Hoffentlich bringt ihm das gemeinsame Torwarttraining mit Matze und Bene vor allem eines: ein wenig Ruhe und Gelassenheit– drei Rote Karten in 57 Spielen sind für einen Torwart schon eine Menge Holz. 

Moritz Volz (27), Defensiv-Allrounder

So hatte sich Moritz Volz, der meist auf der Rechtsverteidiger-Position eingesetzt wird, seinen Einstand nach seiner Rückkehr nach Deutschland sicher nicht vorgestellt. Nach einer Hüftzerrung in der Saisonvorbereitung hieß es statt Badenova-Stadion oder Millerntor erstmal „Langnese-Happiness-Stadion an den Sander Tannen“ (welch unglaubliches Wortkonstrukt!!!) zur Aushilfe bei der Zweiten gegen Bergedorf 85. Aber das ist vielleicht auch ein wenig typisch für Volz, dem überall großes Talent bescheinigt wurde, der aber mit 27 vielleicht schon im Stadium eines „ewigen Talents“ angekommen ist. Mit 16 verließ er Schalke und ging zum FC Arsenal, wo er sich allerdings im Erwachsenenbereich nicht durchsetzen konnte. 2003 wurde er zunächst an den FC Wimbledon ausgeliehen (10 Spiele / 1 Tor), danach an den FC Fulham, bei denen er 2004 fest unterschrieb. 162 Spiele machte er für die Cottagers (6 Tore), davon 108 in der Premier League. Sein Treffer beim 2:2 gegen Chelsea am 30.12.2006 war das 15.000ste Tor seit Einführung der Premier League. Zu Beginn der Saison 2008 wollte Fulham ihn an Ipswich verkaufen; Volz lehnte den Transfer zunächst ab, stimmte dann allerdings eine Ausleihe zu und bestritt für Ipswich nochmals 22 Spiele in der first Division. 2009 verließ er England, ging ins Winter-Trainingslager mit Schalke 04, allerdings lehnte Felix Magath eine Verpflichtung ab. So war Volz ablösefrei und wohl auch gehaltstechnisch relativ preiswert zu haben. Was er wirklich wert ist und was er kann, wird sich allerdings zeigen müssen, wenn er mal auf dem Platz steht. Volz ist für mich das größte Fragezeichen unter den Neuzugängen. 20 Länderspiele hat er für die U 21 (zwischen 2003 und 2006) auf dem Buckel. Eine Länderspielkarriere bei den „Erwachsenen“ blieb ihm jedoch verwehrt. Gegen Kamerun am 17.11.04 war er nominiert, kam allerdings nicht zum Einsatz. Für die Asienreise im Dezember des Jahres erhielt er keine Freigabe vom Verein; danach wurde er nie mehr eingeladen. Die englische Zeitung „the Guardian“ entdeckte an ihm jedoch noch andere Qualitäten abseits des Fußballplatzes – in ihrer Ausgabe vom 18.08.2006 schrieben sie: „He’s a German with a sense of humor – what’s more, he’s a German footballer with a sense of humour“.

Carlos Zambrano (21), Innenverteidiger

Ich muss schon wieder Abbitte leisten!!! Bei dem Vorbereitungsspielen fand ich den Herrn Zambrano nicht so klasse, da agierte er unsicher und es gab massenhaft Abstimmungsprobleme. Schließlich hat er 150.000 € Leihgebühr gekostet und ist damit der teuerste Neuzugang des FC (Gut, keiner weiß so genau, was der Asamoah-Deal gekostet hat) Gegen Freiburg und Hoffenheim war er richtig richtig Klasse und wenn er so weiter macht, dann wir er wohl leider Fabio Morena aufs Altenteil verdrängen. Carlos Augusto Zambrano Ochandarte wurde in Callao, einer Hafenstadt im Südwesten Perus geboren und begann seine Fußballkarriere bei Academia Deportivo Cantalao. Gerüchteweise entdeckte ihn Helmut Schulte bei der U-17 WM in Peru, woraufhin ihn der FC Schalke unter Vertrag nahm. In der A-Jugend BL West wurde er Kapitän der Schalker U 19, seit 2008 stand er im Kader der Bundesliga-Mannschaft der Knappen. Inzwischen kommt er auf 16 Bundesligaspiele und einen Einsatz für die Schalker Zweitverwertung, dazu auf vier Einsätze im DFB Pokal, wobei er einen Treffer erzielte (beim 4:0 gegen Germania Windeck, 1. Runde 2009/10).
Carlos ist inzwischen auch 11 facher Nationalspieler Perus (1 Tor) und es werden noch einige hinzukommen. Nach dem Spiel gegen Hoffenheim geht es zunächst per Flieger nach Peru, am 04.09. in Toronto gegen die Auswahl Kanadas und drei Tage später gegen Jamaika in Miami. Und am Mittwoch dann wieder zurück nach Hamburg. Zeitzonen-Hopping par Excellence. Hoffentlich leidet unter diesem Herumgereise seine Leistung für den Verein nicht. St. Pauli hat schon insistiert, dass Carlos bitte nicht zu jedem unwichtigen Länderspiel eingeladen wird. Denn brauchen werden wir sie alle Fünf, die Neuen – neben all den Alten – schließlich soll’s diesmal kein One-Hit-Wonder sein in der ersten Liga.

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