Samstag, 23. September 2023

DER FISCH

ein kleines resümee 
seit nunmehr fast einem jahr bin ich auf einer reise 
auf einer langen reise durch diverse therapeutische einrichtungen und auch auf einer reise in mein inneres, in meinen kopf...
um meinem problem auf den grund zu kommen - oder präziser formuliert, meinen problemen...
mehrzahl! 
als ich angefangen habe, war mein erster schritt wie bei allen alkoholkranken menschen die entgiftung - das angehen der körperlichen symptome. 
und man hat mir schnell klar gemacht, daß ich an einer chronischen krankheit leide, die niemals ganz weggehen wird.
nun gut, das gilt es zu akzeptieren, was mir sagt, daß ich mit dieser krankheit nun leben und umgehen muss....gegen meine derangierten knie kann ich training betreiben, medikamente nehmen und mich angemessener ernähren.
in all den therapien bringen sie dir bei, welche "medikamente" du gegen deine alkoholsucht nehmen kannst - natürlich gibt es all diese kleinen werkzeuge, die sogenannten skills, was ich aber immer schon ein wenig albern fand.
was soll ich mit chilischoten in der jacke rumlaufen, die ich immer dann herausholen und futtern soll, wenn der kleine suchtdruck kommt. 
irgendwann im laufe meiner reise bin ich dann an therapeuten geraten, die mal tiefer in meinem kopf geschaut haben und versucht haben, den brei darin wieder flüssig zu bekommen, um der frage auf den grund zu gehen, warum ich angefangen habe zu trinken...oder nein - viele menschen trinken alkohol und die meisten davon kommen damit mehr oder weniger gut zurecht, so wie ich ja auch relativ lang (wenn auch schon sehr lange in kritischem maße) 
also präziser formuliert: wann und warum habe ich angefangen, mißbräuchlich zu tinken - was waren die ursachen, was wollte ich mit dem alkohol ertränken? 
gibt ja diese wunderbare plattitüde: "ich wollte meine probleme ertränken, aber ich habe festgestellt, daß die dinger schwimmen können"...wie fische.  
der fisch...
stinkt bekanntermaßen vom kopf - die nächste plattitüde, das macht jetzt schon nen zehner ins phrasenschwein...aber hier steckt doch ein quantum wahrheit drin. 
müßig, darüber zu sinnieren, ob zuerst das ei oder die henne da war, also zuerst die depressiven verstimmungen oder der drang, sie mit alkohol zu bekämpfen - ich denke, die zwei dinge bedingen einander.
mit dem feinen unterschied, daß alkoholismus auch körperliche abhängigkeit schafft - in der endphase meiner krankheit war mir schon vollkommen klar, daß der alkohol nicht zur problemlösung beitragen konnte, da war es zum schluß nur noch der zwang, sich zuschütten zu müssen, um die körperlichen beschwerden zu lindern.
das körperliche habe ich mehr oder weniger erledigt, aber ich weiß, daß das teufelchen stets auf meiner schulter sitzen wird und es wird der moment kommen, da wird es anfangen zu flüstern.
meine aufgabe für den rest meiner zeit wird es also sein, es am flüstern zu hindern, womit wir zu noch einer plattitüde kommen, dem schlagwort von der "zufriedenen abstinenz" - "ich will nicht mit der faust in der tasche herumlaufen, um nicht an alkohol denken zu müssen" 
NEIN, ich denke da mittlerweile anders, nämlich, daß ich mich nicht mit dem problem beschäftigen will, sondern an die lösung denken möchte. 
wenn ich mit meiner zufriedenheit beschäftige, dann lande ich ganz automatisch bei der abstinenz, darum kreisen meine gedanken und dazu lese ich viel.
neulich fragte mich eine therapeutin, welche bücher zum thema sucht ich denn als belesener mensch ich denn schon gelesen hätte und sie war erstaunt, als ich "KEINES" sagte - ich beschäftige mich nicht mit dem thema SUCHT, sondern ich beschäftige mich mit dem thema zufriedenheit und gelassenheit.
das ist mein ziel - und wer immer den satz gesagt hatte "der weg ist das ziel" der redet für mich mit verlaub blödsinn, denn wer zu viel über den weg nachdenkt, vergißt vielleicht das ziel darüber. 
ich hingegen bin inzwischen jederzeit bereit, meinen weg jederzeit zu verlassen, wenn er sich nicht als hilfreich erweisen sollte....sich zu verrennen, schafft frustation - am ende einer sackgasse zu versuchen, die mauer einzureißen, um weiterzukommen, ist energieverschwendung, sinniger ist, vorher umzudrehen und nach einem neuen weg zu suchen, um an der mauer vorbeizukommen.
was mich dazu bringt, mich mit allem möglichen zu beschäftigen, sei es philosophie, religionen oder psychoanalyse und alles letztendlich darauf zu fokussieren, was ich für richtig halte und was mir gut tut.
hört sich jetzt schrecklich egoistisch an, oder? 
ja, isses natürlich, aber ich würde es gesunden oder gesundenden egoismus nennen wollen - ich hatte neulich an einem wundervollen nachmittag einen wundervollen satz von einem wundervollen menschen:
"du bist anders" 
das betrachte ich als kompliment - viel zu lange habe ich versucht, mich anzupassen und zu funktionieren und einer norm zu entsprechen...aber ist doch nicht wichtig, gemocht oder geliebt zu werden - viel wichtiger ist es doch, zu lieben und zu mögen...und zwar in erster linie sich selbst.
denn ich kann nur, denke ich, liebenswert sein, wenn ich mich selbst liebe, nicht in einem narzistischen sinne - nächste phrase: "ich bin so wie ich bin und das ist gut so" - selbstakzeptanz als teil der selbstheilung. 
es gibt keine norm und es gibt auch kein krank oder gesund, außer in einem systemischen denken und viele probleme verschwinden, wenn ich mich aus dem systemischen denken löse...wenn ich mich auf meine heilung konzentriere und nicht versuche, im sinne des systems "gesund" zu werden.
das habe ich inzwischen begriffen, dabei haben mir großartige menschen geholfen und meine letzte großartige entscheidung war es, das praktikum bei der tafel in norderstedt zu absolvieren.
ich werde nie wieder für ein unternehmen oder eine institution arbeiten, dessen oberstes ziel es ist, gewinne zu maximieren.
ich habe mich stets in meiner al-bundy-karriere als dienstleister gesehen, ohne zu begreifen, daß mein begriff davon vollkommen fehl am platz war - die meisten kunden haben dienstleister mit diener verwechselt und die meisten chefs haben zwar beratung gepredigt, aber verkaufen gemeint.
alle unternehmen haben individualität gelobt, aber keines hätte mich mit nasenring eingestellt (was sie wohl auch in zukunft nicht tun werden - einer der gründe, weswegen ich - wieder - einen habe).
meine älteren damen bei der tafel hat das nie interessiert.
6000 eier in zehnerkartons zu portionieren ist jetzt nicht die spannendste tätigkeit, hat aber in ihrer stupidität etwas zen-buddhistisches (meine damen fragen sich immer, warum ich das freiwillig mache) und am ende siehst du zwei ergebnisse.
erstens ist die palette mit eiern leer und zwei stunden später drückst du einem menschen einen zehnerkarton eier in die hand, den die person sich im normalfall sonst wahrscheinlich nicht leisten könnte. 
deswegen helfe ich auch weiterhin bei der tafel, auch wenn ich es nicht mehr muss und werde das auch weiterhin tun, wenn meine reise zu ende ist - meine offizielle reise durch die therapeutischen einrichtungen, denn ich werde am 17. oktober in meine alte wohnung zurück kehren.
was ich ja lange abgelehnt hatte, wovor ich regelrecht panik hatte - ist diese wohnung doch untrennbar mit dem thema alkohol (und dem thema depression verbunden) - ich hatte ja ansich vorgehabt, in eine weitere therapeutische einrichtung zu gehen, aber ich bin müde und merke, daß mich das nicht mehr weiterbringen würde. 
ich denke, alles was therapeuten mir sagen konnten, haben sie mir gesagt und wahrheiten werden durch wiederholung nicht wahrer...und alle therapeuten sagten ja immer, daß sie mir helfen wollen, meinen werkzeugkoffer zu packen, den ich brauche, um meine dämonen im zaume zu halten. 
besiegen werde ich sie nicht, ein schlafliedchen kann ich ihnen singen, daß sie sich zur ruhe begeben und das muß ich irgendwann auch selber tun können müssen. 
eine weitere therapeutische einrichtung hieße für mich, vor dem leben zu kapitulieren und das hatte ich nun schon letztes jahr. 
daß ich das alles nicht alleine schaffen werde, weiß ich selber - die erkenntnis, auf hilfe angewiesen zu sein, ist hart und schwierig, denn wie gesagt, die norm ist gesund und funktionierend...schwierig ist, hilfe, die angeboten wird, anzunehmen, noch schwieriger ist es, um hilfe zu bitten.
auch das ist ja gesellschaftlicher konsens - man fällt niemandem zur last!!
und natürlich hat man keine schwächen...oder zeigt sie zumindest nicht. 
auch das gehört zu einem langen lernprozess, das nicht mehr zu akzeptieren.
ein prozess, der lange noch nicht abgeschlossen ist, auch wenn meine reise durch die therapeutischen einrichtungen sich nun ihrem ende nähert...meine reise in ein anderes neues leben hat vielleicht gerade erst angefangen...
als ich am 26.10.22 in die entgiftung gegangen bin, da hatte ich ganz schnell wieder "gesund" werden wollen, aber ganz schnell begriffen, daß das kein sprint wird, sondern ein ultramarathon und hatte dann für mich angenommen, daß ich das ganze jahr 2023 für meine gesundung nutzen wollte. 
auch wenn ich jetzt "nach hause" gehen werde, habe ich dieses ziel nicht aus den augen verloren, sondern ändere nur den weg - und, ich bin mir sicher, spätestens am 31.12.23 werde ich ein neues ziel ausrufen, nämlich auch 2024 mit dem heilungsprozess weiterzumachen...den fisch am schwimmen zu halten, ohne daß er wieder zu stinken anfängt - und wenn es sein muß, dann auch wie lachse zum laichen flussaufwärts und gegen den strom. 
schlußendlich ist es aber schon an der zeit, ein kleines fazit zu ziehen...ich finde, ich kann auf das, was ich erreicht habe, verdammt stolz sein, wenn ich mich mit dem bernd von vor einem jahr vergleiche, körperlich und geistig - der bernd vor einem jahr hätte vor allem aufgezählt, was er alles NOCH NICHT geschafft hatte...
und anders als der bernd von vor einem jahr blicke ich nicht auf einen weg zurück, den ich als beendet betrachtet hatte, sondern schaue auf einen weg, der vor mir liegt, mit dem gefühl, daß ich lange noch nicht fertig bin...da liegen noch ganz viele dinge vor mir, mit denen ich mein leben bereichern kann und vielleicht nicht nur meines, sondern auch das von anderen menschen.
und ich freu mich drauf. 


ROLLING HOME

ROLLING HOME - MIT DEM TURBO DURCH HAMBURG


“Definieren sie Generationenkonflikt…
wenn sich zwei Kinderwagen und zwei Rollatoren 

um drei Plätze im Bus streiten”


Kleiner Scherz…ist noch nicht so lange her, da fand ich das noch witzig,

das hat sich quasi über Nacht geändert - und das liegt nicht daran,

daß ich etwa als frischgebackener Vater mit dem Kinderwagen

unterwegs bin. 

Ich gebe zu, was ich inzwischen mache, ist Jammern auf ganz hohem

Niveau, weil ich ansich schon wieder relativ beweglich bin, aber vor

knapp einem Jahr war ich noch ganz anders unterwegs. 

Im Juni bin ich ins Krankenhaus gekommen; Psoriasis Arthritis -

Schuppenflechte, die eine Autoimmunreaktion ausgelöst hat, so daß

mein Immunsystem angefangen hat, die Knorpel in meinen

Kniegelenken aufzufressen, dazu vom Alkoholkonsum noch

Polyneuropathie, eine Nervenkrankheit, die die Beine zittrig,

den Gang unsicher macht. 

Im Krankenhaus haben sie mich von Station zu Station geschoben, um

die Ursache für die Infektion herauszufinden, was nicht gelungen ist,

so daß man mich mit reichlich Schmerztabletten und Krücken nach

Hause geschickt hatte. 

Mit der Konsequenz, daß ich wegen der Schmerzen (und wie soll man

mit “Unterarmgehstützen” Treppen herunter klettern?) quasi bis

September meine Wohnung nicht mehr verlassen hatte. 

Inzwischen - erstaunlich, wie schnell das geht - war meine Bein-

muskulatur auf nur noch 60 % geschrumpft und meine Sehnen in der

Wade hatten sich verkürzt - Aufrecht gehen schwer gemacht. 

September zweiter Krankenhausaufenthalt, da war dann Gehen
quasi nicht mehr möglich; ich war auf einen Rollstuhl angewiesen.
Nun hatte ich leider grad keinen zur Hand - das Krankenhaus zuerst

auch nicht…wenn ich vor die Tür wollte, eine rauchen, dann bin ich
auf einem Toilettenstuhl nach unten gerollt.
Ziemlich entwürdigend. 

Nach 10 Tagen hatten sie dann endlich einen alten im Keller aufgetrieben. 

Ist jemandem schon mal aufgefallen, daß viele Wege gewölbt sind? 

Von der Mitte zu den Seiten hin abfallend - macht Sinn, daß Regenwasser

besser abfließen kann, für Rollifahrer die Hölle, weil der Stuhl andauernd

zur Seite rollen will und man andauernd gegensteuern muß. 

Next Exit Entgiftung Alsterdorf…schön, daß viele therapeutische

Anwendungen in anderen Gebäuden stattfinden, bei den sieben Zwergen,

hinter den sieben Bergen…hätten mich nicht freundliche Mitpatienten

gehabt, die mich geschoben haben, hätt ich das nicht gepackt, an

manchen Sachen teilzunehmen. 

Bald war ich durch geduldiges Training so weit, daß ich schon kurze

Strecken mit Rollator geschafft habe - DAS! (Prognose der Ärzte)

wird deine Fortbewegungshilfe für längere Zeit sein.
Nun gibt es bei Rollatoren ja auch die verschiedensten Ausführungen. 

Die Variante, die mich begleitet hatte, war logischerweise das Modell

“Kasse”, 12 kg schwer, nicht faltbar…kurz mal nachgedacht, wie das

denn in Zukunft aussehen soll:

In meine Wohnung im zweiten Stock mitnehmen…grober Unfug…i

m Flur stehen lassen und mit zwei dort abgestellten Kinderwagen

konkurrieren, wird auch nicht funktionieren, kommt denn gar keiner

mehr durch. 

Also, einen faltbaren und leichteren - das bezuschussen die

Krankenkassen mit immerhin 50 €; zur Einordnung, dafür bekommt

man ungefähr die vier Räder einer vernünftigen Ausführung. 

Mit meinem neuen Spaßmobil Modell TURBO begann ich also ab

September letzten Jahres die Welt zu errollen.

Wie gesagt, was ich mache, ist jammern auf hohem Niveau, aber ich

versuche mir in manchen Situationen halt vorzustellen, ich wäre ein

Omchen oder ein Rollifahrer.

Ich könnte jetzt mit der Qualität der Bürgersteige anfangen, so denn

überhaupt vorhanden - in Jenfeld z.B. sind vielfach links und rechts der

Straßen Kieswege für Fußganger. 

Besonders nach einem gesunden Landregen konnte ich feststellen,

daß mein Turbo nicht geländegängig ist… und auch nicht schwimmfähig. 

Aber auch ansonsten ist das, was unsere Stadt Fußgängern in manchen

Gegenden zumutet, eine ziemliche Frechheit, was die “Plattentektonik”

anbelangt.

Reden wir auch davon, Straßen zu überqueren - wofür man erstmal

eine Auffahrt oder eine abgesenkte Stelle finden muß und die muß

natürlich auch noch nicht zugeparkt sein. 

Nunja, als Stadtplaner viele Straßen in Wohngegenden angelegt hatten,

da hatte vielleicht jeder zwanzigste

Bewohner n Auto und da waren auch

noch viele Käfer dabei und nicht wie

heute, wo zur schicken Altbauwohnung

oder dem schnieken Eigenheim auch

noch ein geländetaugliches

Panzerfahrzeug gehört, das längs

geparkt die Abgänge verstopft oder

quer den ohnehin schon schmalen

miserablen Fußweg um die Hälfte

in der Breite schmälert. 

Wie nahe darf man an einer Kreuzung

parken?
Es gibt Ecken in Hamburg, die

sind für Rollifahrer quasi unbewohnbar,

weil es nahezu unmöglich ist, vernünftig von a nach b zu kommen und

jede Form von Straßen- oder Rohrbauarbeiten erschwert das Leben

in den anderen Gegenden noch zusätzlich.

Okay, machen wir weiter…mein größtes Problem ist, wegen meiner

verkürzten Muskulatur noch immer das Treppensteigen; die wenigsten

Busfahrer senken an der Haltestelle ihren Bus ab, daß man als Rollatori

da vernünftig hineinkommt und ist man erstmal drinne, geht es weiter

mit den Problemen.

Der Rollatoren-Kinderwagen-Raum in der Mitte nebst der Notbank

erfreut sich generell allergrößter Beliebtheit bei Jugendlichen, die zumeist

erstmal mit vollkommen unverständigen Blicken reagieren, wenn man

in sein Eckchen rollen will. 

So ganz nebenbei frage ich auch, warum Menschen ihr Fahrrad (so es

keinen Platten hat) im Bus transportieren…um dann im Büro mit

ihrem Umweltbewußtsein angeben zu können?

Ach ja, wenn man im vorderen Teil eines Gelenkbusses einsteigt und da

ist es voll und man will nach hinten durchgehen - der Gang über den Achsen

ist zu schmal, kommt man mit einem unfaltbaren Rollator nicht durch, ebenso

wenig wie man in der U-Bahn einen Platz erreichen kann, der nicht direkt an

der Tür ist. 

Über das Thema Barrierefreiheit und HVV will ich nur wenig schreiben,

sonst komme ich noch in Rage - okay, es ist schon viel besser geworden,

was die Versorgung mit Fahrstühlen anbelangt. 

Setzt natürlich voraus, daß die Dinger funktionieren, denn gerade an der U1

gibt es keine Alternative, weil es an vielen Haltestellen - wenn der Fahrstuhl

mal nicht funktioniert - keine Rolltreppen gibt oder allerhöchstens eine in eine Richtung.
Stolz wirbt der HVV damit, daß nun endlich auch Hutwalckerstraße geliftet ist

…bloß fahren tut der nigelnagelneue Fahrstuhl nicht. 

Wartung und Reparatur von so einem U-Bahn-Lift dauert im

Schnitt etwa drei Monate, wie ich die Erfahrung gemacht habe. 

Seit ich mit meinem Turbo unterwegs bin, achte ich natürlich auf sowas,

und wenn ich eine kompliziertere Tour vor mir habe, schau ich mir auch jedes

Mal vorher die HVV-Seite an, ob denn alle Fahrstühle auf meiner Route funktionieren, um keine bösen Überraschungen zu erleben. 

Gut, wenn natürlich wieder mal irgendwelche Deppen über Nacht

einen Lift kaputt gespielt haben, was gerne von Sonnabend auf Sonntag

passiert (S-Bahn Hasselbrook ist da sehr gern genommen), kann natürlich

auch die Homepage häufig nicht schnell genug sein.

Was ich noch nicht probiert habe ist, wie es denn mit diversen

kulturellen Einrichtungen aussieht; ich hatte da bisher nur eine

Erfahrung mit dem Museum für Hamburgische Geschichte. 

Um in die Sonderausstellung zu gelangen,. muß man mehrere

Zwischenebenen überwinden und mehrere Türen öffnen - Türen,

die nach außen aufgehen, was mit Rollator schwierig, mit Rollstuhl

ohne Begleitung unmöglich ist.
Man ist also auf die Hilfe des Personals angewiesen, ebenso wie bei

den Zwischenebenen, für die es Hebebühnen gibt.
DA stand ich also, weit und breit niemand zu sehen…nach zehn Minuten

kam denn ein Angestellter und fragte, was ich denn wollte. 

(HM…warum stehe ich vor dieser Hebebühne?)

Nachdem ich ihm mitgeteilt hatte,was denn mein Begehr sei, entschwand

er, kam nach zehn Minuten wieder.
“ich hab den Schlüssel nicht…den hat eine Kollegin”
Also auf die Kollegin warten, die denn nach weiteren zehn Minuten eintraf,

nur um uns mitzuteilen, daß sie den Schlüssel auch nicht hat, den hätte

nämlich noch eine andere Kollegin.
Ich hab denn mal vorsichtig nachgefragt, ob es denn möglich wäre, die

Kollegin irgendwie zu kontaktieren, um an den Schlüssel zu kommen. 

“Nee, die ist gerade zur Pause”
Also noch ein Viertelstündchen warten, bis denn die Kollegin erschien

und mit einigem Widerwillen, weil sie sich so gehetzt fühlte, die

Hebebühne bediente, um mich herabzulassen. 

So viel denn zum Thema herablassende Behandlung. 

Ich nach diesen Erfahrungen doch ziemlich froh, daß ich mittlerweile

vieles ohne meinen Turbo schaffe - das dreiviertel Jahr hat mich auf jeden

Fall viel Demut gelehrt und ich sehe vieles, was mit dem Thema Mobilität zusammenhängt, inzwischen mit

vollkommen anderen Augen, wie viel schwerer das, was mir schon

schwer fiel bis teilweise unmöglich war, für Menschen sein muß,

die noch weiter in ihrer Beweglichkeit

eingeschränkt sind als ich es war. 

Ich will nicht verhehlen, daß einiges  schon besser geworden ist,

aber dennoch, da ist noch vieles an Luft nach oben. 



                                                                        Bernd C. 

ZEIGT HER EURE...



Ich will kurz etwas über ein menschliches Körperteil schreiben,

das häufig eher sträflich behandelt wird und meist ein abgeschiedenes

eingesperrtes Dasein in dunklen Käfigen fristet.

Jeder Mensch hat normalerweise sogar zwei davon: FÜßE. 

Die guten Stücke haben es ansich gar nicht verdient, schlecht behandelt

zu werden, schließlich haben sie die Aufgabe, uns durch einen Großteil

unseres Lebens zu tragen.

Dafür hat sich die Natur ein ziemlich beeindruckendes Konstrukt einfallen

lassen - der menschliche Fuß hat 26 Knochen (ein Viertel aller

menschlichen Knochen), 27 Gelenke, 32 Muskeln und Sehnen, die die

Aufgabe haben, daß der Fuß als Stoßdämpfer für den restlichen Körper

fungieren kann - eine ziemliche Last. 

Und im Laufe eines durchschnittlichen Lebens tragen uns unsere Füße in

etwa dreimal um den Erdball. 

Dazu kommen 107 Bänder, dazu noch etwa 200.000 Nervenenden und

Rezeptoren. 

Und letztere leiten ganz viele Informationen an das Gehirn weiter, die Zehen

z.B. sind direkt mit unseren Sinnen verbunden, wobei der große Zeh der

wichtigste ist, denn er steuert den Gleichgewichtssinn. 

Die Achillessehne (hinten an der Ferse) ist die stärkste im ganzen

Körper, weil sie quasi die gesamte Belastung vom Fuß auf die

Wadenmuskulatur zu übertragen hat. 

Wer schon mal eine Fußreflexzonenmassage erlebt hat, wird schnell die

Verbindung zwischen Füßen und inneren Organen festgestellt haben.

Und wie gesagt, wir tun zumeist nichts anderes, als diese wichtigen

Körperteile in Gefängnisse zu stecken, genannt SCHUHE.
Schuhe verändern nicht nur die Füße, sondern sie beeinflussen auch

unsere gesamte Körperhaltung und falsches Schuhwerk beeinflusst die

Gesundheit unserer Füße und die Gesundheit unseres gesamten

restlichen Bewegungsapparats.

Ich behaupte mal ganz ketzerisch, Schuld an dem ganzen Dilemma ist das

Militär, schließlich waren die die ersten, die festes Schuhwerk

eingeführt hatten; dann haben sie auch noch den Marschtritt und

den Gleichschritt erfunden - und die ollen Römer haben, damit es sich

schneller  marschieren läßt, auch noch die Steinstraßen eingeführt. 

Durch Marschtritt und Schuhwerk treten wir zumeist zuerst mit der

Ferse auf und drücken uns dann über die Zehen ab…schaut man sich

mal den Bewegungsablauf von Naturvölkern an, hat unser

Abrollverhalten wenig mit einer natürlichen Bewegung zu tun. 

Und die meisten Menschen tragen nicht nur überhaupt Schuhe,

sondern auch noch falsche, zu enge und zu alte. 

Dazu kommt bei Schuhen noch der Faktor Sprengung - so bezeichnet

man die Differenz zwischen Höhe Sohle Vorfuß und Höhe Sohle Rückfuß,

also quasi der “Absatz”.

Und last but not least, der Faktor Dämpfung - weil der Boden (asphaltiert)

ist, muss ein Schuh möglichst weich sein, um die Stöße “abzufedern” 

Alles das, was Schuhe machen, verhindert letztendlich, daß die Füße und

Muskeln ihre Arbeit vernünftig machen können. 

Fangen wir mal mit der Achillessehne an…je höher der Absatz oder

die Sprengung, desto mehr verkürzt sie sich und auch die hintere

Wadenmuskulatur, das ganze wird noch schlimmer, wenn dazu eine

überwiegend sitzende Tätigkeit kommt. 

Jedesmal, wenn ich denn von meinen Pumps in die Ballerinas umsteige,

dann dehne ich sie wieder, was die Sehne dann irgendwann als ziemlich

reizend empfindet.

Der selbe Effekt stellt sich mit sehr weichen Sohlen ein…ich sinke stark

ein und dehne die Sehne wieder stärker, als sie es gewohnt ist.

Was zur Folge hat, daß die Sehne wieder gereizt wird und sich dann

irgendwann wahrscheinlich entzündet. 

Und je weicher der Schuh, desto schneller ist er auch verschlissen -

die meisten Schuhe haben eines Sohle aus Kunsststoffschaum, der

eine maximale Lebensdauer von 1000 km hat, unter der Voraussetzung,

daß ich dem Schuh 36 Stunden Pause nach dem Tragen gebe, damit der

Schaum sich regenerieren kann - hört sich jetzt viel an, ist es nicht: 

Wenn ich meine empfohlenen 10.000 Schritte pro Tag gehe, sind das etwa

6 - 8 km pro Tag, kann man sich hochrechnen, nach etwa einem halben,

maximal einem Jahr ist so ein weicher Schuh durchgelaufen.

Und, durch viel Absatz und viel Sprengung erhöhe ich den Druck auf die

Zehen stärker als beim normalen Abrollen, das kann im schlimmsten Fall

zu dem sogenannten Soldatenfuß führen, das ist wenn sich Haarrisse

in den Zehenknochen und Zehengrundgelenken bilden. 

Was es auf jeden Fall fördert, ist daß die Zehen sich stärker auseinander

spreizen wollen, woran sie gehindert werden - zumal die meisten Schuhe

ohnehin viel zu schmal im Zehenbereich sind. 

Vorne sollten die Zehen etwa 1 cm Luft haben und minimum einen halben

CM zu jeder Seite.

Folge: der Großzeh verschiebt sich irgendwann nach innen und der

Knochen wächst nach außen (der sogenannte Hallux Valgus), extrem

schmerzhafte Geschichte, die im schlimmsten Fall operiert werden muß.

So, kommen wir zum Marschtritt: die natürliche Dämpfung des Fußes

sind die Fettpolster unter der Ferse und dem Ballen und dazwischen das

Längs- und Quergewölbe. 

Um das optimal nutzen zu können, müßte ich quasi den ersten

Bodenkontakt im Mittelfuß haben - hat den zweiten Vorteil, daß ich

dann das Bein nicht komplett durchgestreckt habe.

Trete ich mit der Ferse zuerst auf und kippe dann quasi auf den ganzen

Fuß, dann hab ich zum einen das Bein komplett durchgedrückt, belaste

also Knie, Hüfte und Wirbelsäule über Gebühr und ich hab in der

Standphase das Gewicht komplett auf dem Gewölbe, welches dann

irgendwann auch kapituliert - und zudem erhöhe ich durch das

“Fersenknallen” meine sogenannte Pronation.

Wenn ich natürlich abrolle, setzt der Fuß leicht außen auf und geht

dann in einem sanften S-Bogen zum Ballen zwischen dem zweiten und

dritten Zeh (wobei der Großzeh als Stabilisator wirkt)
Beim Laufen in Schuhen über die Ferse erhöhe ich die Stoßbelastung,

was der Körper dann bei dieser Pronation stärker auf die Körper-

innenseite ausgleicht - mit der Folge, daß ich meine

Innenbänder und Sprunggelenke überlaste und das Außenband

im Knie dehne (kann man sehr schön beobachten, wenn man hinter

Frauen her läuft, die diese Fell-Filzstiefel im Herbst und Winter tragen.)

Und wenn irgendwas wehtut, dann empfehlen die meisten Ärzte

denn auch noch, man solle sich noch weichere Schuhe kaufen oder

schicken einen zum Orthopäden, die einem Einlagen verschreiben oder

empfehlen einem dann zusätzlich noch Schuhe mit sogenannter

Pronationsstütze, was das Einknicken nach Innen verhindern soll. 

Das Allergesündeste wäre, gar keine Schuhe zu tragen, siehe wieder

die Naturvölker, die deutlich gesündere Füße, Muskeln, Sehnen und

Gelenke (Sprung-, Knie- und Hüftgelenk) haben. 

Gibt natürlich viele Argumente und Einwände gegen das Barfußlaufen. 

Ja, unsere Wege: Asphalt, Steine, Scherben, das alles gibt's im

Dschungel oder in der Wüste nicht, hier kann man nicht barfuß laufen. 

Nicht von der Hand zu weisen, aber man kann ja erstmal klein

anfangen und die Füße auf Gras, am Strand oder im Wald trainieren,

das weckt die Muskeln, Sehnen und Gelenke und kräftigt sie. 

Und NEIN…das Argument - ich laufe ja im Sommer immer barfuß -

Flip-Flops ist nicht barfuß, zwei Zehen umklammern einen

Gummiriemen und der Rest des Fußes muß auf einem Surfbrett

balancieren…Adilette ist auch nicht barfuß, weil auch eine Adilette

Sprengung hat und in den meisten Latschen stecken so viele

Weichmacher; da nimmt man über die Fußsohle häufig Schadstoffe in

der Menge auf, die in etwa einer Schachtel Zigaretten entspricht.   

Dürfte sich inzwischen rumgesprochen haben, daß ich ein ausge-

sprochener Freund von Barfußschuhen bin, also Schuhen, die eine

Null-Sprengung haben, keinerlei Stützen und eine flexible Sohle in

der Dicke von 1 bis maximal 3 mm, die einfach vor Verletzungen

(Nägel, Scherben) und Temperatur (vor allem im Sommer, wenn sich

der Asphalt aufheizt) schützt. 

Mir ist nach zwei Bandscheibenvorfällen und zwei Ermüdungsbrüchen

gesagt worden, ich würde nie mehr auf orthopädische Einlagen

verzichten können - das war vor vier Jahren.

Inzwischen laufe ich seit drei Jahren komplett ohne. 

Wie bei allem gilt natürlich auch - die Dosis macht das Gift, bzw.

niemand schmeißt sich am ersten Tag im Fitnessstudio 120 kg

auf die Hantel.

Und auch niemand wandert - wie ich, weil ich ein Großer bin -

nach drei Tagen gleich 11 km am Stück.

Der Körper muß sich erst an die ursprüngliche Bewegungsart

gewöhnen, bis man sich das Fersenknallen abtrainiert, also die

erste Woche 30 Minuten bis maximal eine Stunde pro Tag, vielleicht

auch erst auf Kieswegen oder zu Hause in der Wohnung (oder im Büro)

und das Ganze in gemäßigtem Tempo.

Mit der Zeit verschiebt sich der Körperschwerpunkt nach vorne, was die

Knie, die Wirbelsäule und die Achillessehne entlastet.

Man merkt das spätestens, wenn man anfängt, kleinere Schritte zu

machen (nicht mehr marschiert).

Ich kann jedem nur empfehlen, das mal auszuprobieren - wer sich

nicht sicher ist, vorher mal den Arzt fragen, gilt besonders für Diabetiker,

Menschen mit sehr steifer gerader Wirbelsäule und Menschen mit

Nervenkrankheiten (wobei mir die Schuhe auch gegen meine

Polyneuropathie geholfen haben).



                                                                             Al Bundy