Montag, 16. Mai 2016

BARKASSENFAHRT

hamburger hafen in der ns zeit: 

VORWORT:
nach dem krieg ging in hamburg die mär um, hitler hätte hamburg nicht geliebt, wegen der toleranz und weltoffenheit der hamburger und weil hamburg lange eine "rote bastion" der weimarer republik gewesen war.
das kann man als reine schutzbehauptung gelten lassen, haltbar ist die these nicht.
zum einen war hitler, wie inzwischen bewiesen ist, nicht nur 33 mal in hamburg, sondern es sind 75 besuche dokumentiert - er machte sogar mal eine woche urlaub hier und ließ sich die stadt zeigen.
das erste mal war er 1926 in der stadt, als die nsdap noch eine kleine splitterpartei war, auf einladung des einflußreichen hamburger nationalklubs, in dem sich unternehmer, kaufleute, bankiers, höhere offiziere und beamte, juristen, mediziner und pastoren zusammengefunden hatten.
„Worte der Einführung sind eigentlich unnötig bei dem Gast, den wir heute abend bei uns zu sehen die Ehre haben. ... Sein mannhaftes Eintreten für seine Überzeugung hat ihm in den weitesten Kreisen Achtung, Verehrung und Bewunderung eingetragen. Wir freuen uns sehr, daß er heute abend zu uns gekommen ist. Dieser Freude haben auch die Klubmitglieder dadurch Ausdruck gegeben, daß sie heute abend so zahlreich erschienen sind. ... Die heutige Veranstaltung ist so stark besucht wie vielleicht noch keine Veranstaltung des Klubs.“
so wurde hitler damals vom juristen dr. august vorwerk , dem vorsitzenden begrüßt.

1930 durfte hitler erneut vor dem klub sprechen, 1931 war goebbels zu gast. es ist nicht überliefert, daß der klub zu den spendern an die nsdap gehörte...wohl aber gab es zuwendungen von einzelpersonen, was sich auszahlte.
hamburg war eine der städte, die mit am meisten von der ns-herrschaft profitiert hatte...durch das groß-hamburg-gesetz von 1937 verdoppelte sich seine fläche geradezu (415 auf 745 qkm), die einwohnerzahl stieg von 1,2 auf 1,7 mio menschen.
das GHG ermöglichte es vor allem, traditionelle arbeiterquartiere zu zerschlagen (gängeviertel) und arbeiter umzusiedeln.
im zuge von weiteren eingemeindungen und neuansiedlungen (u.a. in altenwerder auf dem gelände des container-terminals) hätte die zahl der bewohner auf 2,5 mio menschen wachsen sollen.)es gibt wohl kaum ein hamburger unternehmen, das vor 1930 gegründet wurde, welches NICHT von der nationalsozialistischen Herrschaft profitiert hat.
august 1936 hatte hitler erklärt, die deutsche armee und die deutsche wirtschaft müssten binnen vier jahren kriegs- und einsatzfähig sein. die ziele der wirtschaft waren somit in erster linie autarkie und aufrüstung.
das wird auch gerade hier im hafen transparent, denn hamburg WAR damals vor allem hafen und war vor allem werft...zwar litt der hafen nach kriegsbeginn unter der seeblockade der briten, doch profitierten vor allem industrie und die werften.
da kriegsbedingt immer mehr männer eingezogen werden mußten, wurden in hamburg insgesamt etwa 500.000 zwangsarbeiter eingesetzt - gepreßte arbeitskräfte aus den besetzten gebieten, kriegsgefangene und kz-häftlinge, die teilweise unter unmenschlichen bedingungen arbeiten und leben mußten.
in hamburg gab es etwa 1.500 lager, in denen diese menschen untergebracht waren, diese waren nicht nur im hafen, sondern über die ganze stadt verteilt. allein für 928 betriebe in hamburg sind lager nachgewiesen, in st. pauli waren es alleine 27 nachgewiesene unterkünfte für zwangsarbeiter.
man möge sich bitte die karte ansehen auf http://www.zwangsarbeit-in-hamburg.de
NIEMAND kann danach ansich mehr behaupten, er hätte nichts gewußt!
WIR wissen leider heute vieles nicht mehr...orte sind durch den krieg verschwunden oder verschwinden nun durch die neubauten im hafen oder in der hafen-city.
diese fahrt soll ein wenig dazu beitragen, geschichte greifbar zu machen - orte zu zeigen, die in der ns-geschichte des hamburger hafens eine rolle gespielt haben.
an vielen dieser orte gibt es inzwischen gedenktafeln, die an die ns-verbrechen erinnern...man muß sie halt suchen und finden.
dieser beitrag ist für alle, die an der fahrt teilgenommen haben und für alle anderen interessierten - er ist an der route orientiert, enthält allerdings zusätzliche informationen, damit vielleicht auch andere besucher, die mal so einfach ne hafenrundfahrt machen, wenn sie bei st. pauli sind, den hafen, die lichter vielleicht auch mit anderen augen sehen.


BRÜCKE 3 - LANDUNGSBRÜCKEN
es gibt an den landungsbrücken zwei gedenktafeln für die opfer der shoa:
eine bezieht sich auf die irrfahrt der st. louis:
am 13. mai 1939 verließ die st. louis mit 937 jüdischen passagieren, größtenteils mit touristenvisa für cuba und gültigen einreisedokumenten für die usa, den hafen von hamburg. doch im hafen von havanna verweigerten die behörden dem schiff die anlegeerlaubnis; lediglich 28 passagiere, deren dokumente anerkannt wurden sowie einer, der einen suizidversuch unternommen hatte, durften das schiff verlassen.
am 02.06.mußte das schiff cuba verlassen und fuhr weiter richtung florida.
präsident roosevelt war zwar anfangs bereit gewesen, einen teil der flüchtlinge aufzunehmen - befand sich jedoch mitten im wahlkampf...da ein teil der demokraten drohte, ihm die gefolgschaft zu entziehen, durfte die st. louis nicht in den usa anlegen und verließ am 04.06. wieder die karibik.

kapitän schröder setzte sich intensiv für seine passagiere ein, schließlich durfte das schiff am 17.06. antwerpen anlaufen - 214 flüchtlinge nahm Belgien auf, 181 die niederlande, 224 frankreich und 254 großbritannien.
nach dem westfeldzug 1940 wurde allerdings ein großteil der passagiere (bis auf die im UK) von den nazis deportiert, nachweislich starben mindestens 254 passagiere in der shoa. käptn gustav schröder wurde posthum in die reihe der “gerechten der völker” aufgenommen.
die zweite tafel bezieht sich auf die irrfahrt der exodus - berühmt geworden durch den gleichnamigen film nach dem roman von leon uris...hat zwar in eigentlicher form nichts mit der rolle der hafens während der ns-zeit zu tun, aber natürlich mit den folgen des vernichtungsfeldzuges der nazis gegen die juden in ganz europa.


am 11.07.1947 versuchten 4515 juden, die die shoa überlebt hatten (darunter mindestens 700 kinder), mit dem schiff “president warfield” von marseille aus nach palästina auszuwandern. die briten, mandatsträger in palästina, lehnten solche einwanderungen jedoch ab und überwachten das schiff mit kriegsschiffen. am 17.07. wurde vor der küste gazas feierlich die flagge mit dem davidstern gehißt und das schiff in “exodus from europe 1947” umbenannt. die briten versuchten, die exodus zum umkehren zu bewegen, als das erfolglos blieb, rammten sie das schiff und versuchten, es zu entern. nachdem es mehrere tote gegeben hatte, brachen die juden den widerstand ab. danach wurde die exodus in den hafen von haifa geschleppt. da die flüchtlingslager auf zypern bereits überfüllt waren, wurden die paasagiere auf drei gefangenentransporter verteilt und zurück geschifft.
am 29.07. waren die schiffe wieder in frankreich - die meisten passagiere (bis auf 75) weigerten sich, das asylangebot frankreichs anzunehmen, daher stachen die schiffe am 22.08. wieder in see, machten fünf tage halt in gibraltar und erreichten dann am 08.09. den hafen von hamburg.   dort wurden die passagiere von bord gebracht und bei lübeck in einem  kriegsgefangenenlager interniert, was massive proteste auslöste.  am 06.10. wurden die juden schließlich freigelassen, vielen gelang es später, nach israel auszuwandern.

HAMBURG FÜHRERSTADT  - NEUMÜHLEN
die besondere bedeutung hamburgs wird auch dadurch deutlich, daß hamburg eine von fünf städten war, die als sogenannte “führerstädte" auserkoren waren und baulich besonders aufgewertet werden sollten:  
> linz: führerstadt, stadt von hitlers jugend, sollte sein alterssitz werden
> münchen:  hauptstadt der bewegung
> nürnberg: stadt der reichsparteitage
> berlin: welthauptstadt germania
> hamburg: hauptstadt der deutschen schiffahrt 
1937 wurde ein wettbewerb ausgeschrieben, den der bis dahin relativ unbekannte architekt konstanty gutschow gewann, der vorher an sanierungsprojekten in der neustadt (gängeviertel) und hamburg-horn beteiligt war sowie für den autobahnbrückenbau im norden zuständig gewesen war.
sicher hat gutschow seine SA-mitgliedschaft (seit 1933) geholfen - hitler persönlich soll sich für seinen entwurf ausgesprochen haben.zentrales element sollte das sogenannte gauhaus werden, auf höhe des altonaer balkons, das sollte 250 m höhe haben - zum vergleich...der turm des michels hat eine
höhe von 132 metern - davor war ein aufmarschplatz für 50.000 menschen geplant in richtung des altonaer bahnhofs und dort wo sich heute das kreuzfahrtterminal altona befindet, sollten die schiffe der kdf-flotte anlegen.

auf der höhe des neuen elbtunnels sollte eine gewaltige brücke die elbe überqueren, mit einer höhe von 180 metern und einer spannweite der pfeiler von 750 metern.
um möglichkeitsprüfungen für die brücke zu erstellen, umkleidete man 1938 das damalige kühlhaus union mit einem 40 meter hohen holzmodell, um die "wirkung des vorgesehenen materials und in der neuen bauart prüfen" zu können.
auf den fundamenten des union-kühlhauses steht heute das markante augustinum.

da viele bauten im klinkerstein-bau vorgesehen waren, waren diese planungen indirekt mit für die errichtung des kz neuengamme verantwortlich. 
das lager wurde 1938 als tochter des ss-unternehmens "deutsche stein- und erdwerke gmbh" auf dem gelände einer ehemaligen ziegelei errichtet und zunächst als außenlager des kz sachsenhausen geführt, bis es 1940 eigenständig wurde.
der ausbau des lagers wurde von der stadt hamburg finanziert - dafür hatte das lager - so der vertrag mit der stadt - jährlich 20 millionen ziegel zu liefern.
so mußten im lager häftlinge in den tongruben arbeiten und dann in den klinkerwerken ziegel brennen…für den abtransport der ziegel mußten häftlinge die dove elbe verbreitern und vertiefen und dazu einen stichkanal bis neuengamme graben und zudem einen bahnanschluß bauen.
von den insgesamt über 100.000 registrierten häftlingen ist etwa die hälfte an den unmenschlichen lebens- und arbeitsbedingungen, an seuchen oder gezielten mordaktionen , vor allem unter sowjetischen kriegsgefangenen, ums leben gekommen.


HHLA SPEICHERSTADT

die HHLA, die heutige hamburger hafen und logistik aktiengesellschaft wurde 1939 unter dem namen “hamburger hafen und lagerhaus AG” gegründet und war aus der 1885 gegründeten HFLG (hamburger freihafen und lagerhaus gesellschaft) hervorgegangen, als diese 1935 mit der 1865 gegründeten staatlichen kaiverwaltung
zusammengelegt wurde.
hauptaktionär der HFLG war seit 1927 die stadt hamburg.
mit der HFLG wurden alle betriebsgesellschaften des hafens unter staatlicher kontrolle zusammengefaßt, was vor allem dem kriegswirtschaftlichen kurs der nazis entgegenkam - leiter der HFLG und später auch der HHLA wurde der ehemalige bürgermeister von bergedorf, albert dreves, außenhandelskaufmann und nsdap-mitglied seit 1927.

da durch die autarkie-politik der nazis und durch die handelsbockade mit kriegsbeginn 1939 ein großteil des handels zum erliegen kam, vermietete die HHLA einen großteil der schuppen an die wehrmacht, die luftwaffe und andere staatliche organisationen, die sie für ihre Zwecke nutzten.




HANNOVERSCHER BAHNHOF - LOHSEPARK

der hannoversche oder früher venloer bahnhof war bis 1907 der zentrale bahnhof hamburgs für alle züge, die die elbe überquerten - nach fertigstellung des neuen hauptbahnhofs wurde er allerdings 1906 für den personenverkehr geschlossen.
danach vorwiegend als güterbahnhof genutzt, wurde der hannoversche bahnhof ab 1940 zentraler deportationsbahnhof norddeutschlands für kz-transporte. am 20.05.40 wurden ca. 900 sinti und roma in das lager belzec deportiert, danach folgten 19 transporte in die arbeits- und vernichtungslager bis zum 14.02.45.
aus hamburg wurden in dieser zeit 7.692 menschen in die lager deportiert, von denen mehr als 6.500 menschen ums leben kamen.
> deportationszüge ab hamburg: 20.05.1940: 910 sinti und roma nach belzec
25.10.1941: 1034 juden nach lodz 08.11.1941: 968 juden nach minsk
18.11.1941: 987 juden nach minsk 06.12.1941: 753 juden nach riga
11.07.1942: 300 juden nach auschwitz
15.07.1942: 926 juden nach theresienstadt
19.07.1942: 771 juden nach theresienstadt
12.02.1943: 24 juden nach auschwitz
24.02.1943: 51 juden nach theresienstadt
10.03.1943: 50 juden nach theresienstadt
11.03.1943: 328 sinti und roma nach auschwitz
24.03.1943: 50 juden nach theresienstadt
05.05.1943: 51 juden nach theresienstadt
09.06.1943: 80 juden nach theresienstadt
23.06.1943: 109 juden nach theresienstadt
19.01.1944: 61 juden nach theresienstadt
18.04.1944: 26 sinti und roma nach auschwitz
30.01.1945: 19 juden nach theresienstadt
14.02.1945: 194 juden nach theresienstadt
des weiteren wurden von hier ab 1942 etwa 2000 männer in vier transporten ins kz heuberg deportiert; heuberg (stetten am kalten markt in BaWü) fungierte als lager für die ausbildung von sogenannten "strafsoldaten"

das strafbataillon 999 wurde 1942 aufgestellt - darin wurden (aufgrund der langsam beginnenden personalknappheit) jene menschen zusammengefaßt, die eigentlich auf grund von verfehlungen wehruntauglich waren,...zunächst sozialisten, kommunisten und ehemalige andere politische kz-häftlinge, später dann auch normale verbrecher.
bei kriegsende waren weite teile des gebäudes durch bombenangriffe zerstört.
1955 wurde das hauptgebäude abgerissen, die seitenflügel wurden noch bis 1981 von bahndienststellen genutzt. 
1977 löste maschen den h-h-bhf als hauptgüterumschlag bahnhof ab.
die gleisanlagen wurden bis 2004 weitestgehend zurückgebaut - es existiert nur noch ein gleis und ein bahnsteig, die teile der entstehenden gedenkstätte im lohsepark werden sollen - bislang steht dort nur ein container mit einer kleinen ausstellung, die zu besuchen es sich allerdings auch lohnt.


FRUCHTSCHUPPEN C - BAAKENBRÜCKE 2


der fruchtschuppen C war der kleinste der drei großen schuppen am baakenhafen mit einer nutzfläche von 6.000 qm auf zwei etagen und gehörte der HFLG - der fruchtschuppe c sollte dem südfrüchtehandel dienen.
da dieser kriegsbedingt mehr oder weniger zum erliegen kam, vermietete die HFLG den schuppen, wie viele andere auch, an die wehrmacht.
1940 diente der schuppen dann als sammelstelle für die deportation von sinti und roma aus dem norddeutschen raum. ursprünglich war angedacht gewesen, die hamburger sinti und roma in einem zentralen lager in öjendorf zu internieren, dieser plan wurde jedoch im oktober fallengelassen zugunsten der erwägung einer "umsiedelung" in die nach dem angriff gegen polen besetzten gebiete des neuen generalgouvernements.
am 27.04.1940 erging dann eine anweisung reinhard heidrichs an die zuständigen kripostellen, nach festgelegten listen ("nach sippen") mitte mai etwa 1000 der noch 2.500 im norden lebenden sinti und roma zu verhaften, zu festgelegten sammelstellen zu bringen, um sie dann in den osten zu deportieren.
am 16.05.1940 verhaftete die kriminalpolizei in hamburg etwa 550 sinti und roma.
in schleswig-holstein waren es 226, in bremen und bremerhaven etwa 160, die mit bussen und lkw nach hamburg gebracht wurden - teilweise erfolgten die verhaftungen schon ab dem 13.04., die zeit bis zur überführung verbrachten die opfer in lokalen gefängnissen (in bremen in drei zellen zu je 35 personen).
die überführten wurden im ehemaligen recyclinghof am bullerdeich 6 (hammerbrook) "entlaust" und dann in den fruchtschuppen c verbracht, wo sie fünf tage lang interniert werden, danach werden sie unter polizeibewachung zum bahnhof geführt und in das lager belzec (bei lublin, ostpolen) deportiert, damals noch ein arbeitslager, wo die gefangenen vor allem bei arbeiten eingesetzt wurden, um das spätere vernichtungslager zu bauen.

den fruchtschuppen C hatte man (auf intention des gauleiters karl kauffmann) vor allem deshalb ausgewählt, weil er über eine gute verkehrsanbindung und logistik (telefonanschlüsse, ein wohnhaus für die bewacher) verfügte und relativ abgelegen war, so daß die bevölkerung die internierung nicht offensichtlich mitbekam.
später diente der schuppen bis 1942 als zwangsarbeiterlager für ukrainische kriegsgefangene, die in den gaswerken arbeiten mußten.
mehrfach von bomben getroffen und weitgehend zerstört, wurde er 1951 abgerissen und das gelände zur erweiterung des kraftwerks genutzt.


SCHUPPEN 25 - VERSMANNKAI
zwischen 1933 und 1941 emigrierten etwa 280.000 Juden aus deutschland, etwa 12.000 allein aus hamburg.
ein großteil des umzugsgutes wurde im hamburger hafen gelagert (schuppen 62 am kamerunkai - südwesthafen). 

später kam dann auch der besitz der deportierten juden hinzu.
im rahmen der sogenannten M-aktion 1942 (m steht für möbel) wurden in frankreich, belgien, luxemburg und den niederlanden etwa 70.000 jüdische wohnungen durchsucht und der besitz geplündert - vor allem die speditionsfirma kühne und nagel beteiligte sich daran, die geraubten güter nach hamburg zu verschiffen und dann einzulagern...500 frachtkräne und 674 züge waren für den abtransport nötig.
im schuppen 25 lagerten 27.000 tonnen besitz, der den juden in den niederlanden geraubt worden war.
der besitz wurde über hamburger auktionshäuser wie schlüter (alsterufer) und schopmann (speersort, 2010 insolvent) versteigert.
etwa 100.000 menschen kauften so geraubte güter für kleines geld und die speditionen beteiligten sich an den gewinnen.
kühne + nagel hat eine unrühmliche geschichte in der ns-zeit, zu der es bis heute keine aufarbeitung durch das unternehmen gibt...der hauptaktionär und gründer der hamburger niederlassung, adolf maas wurde schon 1933 aus der firma gedrängt, da er jüdischen glaubens war, verlor er seinen gesamten besitz, wurde am 15.07.1942 zusammen mit seiner frau nach theresienstadt deportiert, am 15.05.1944 dann erfolgte die weiterdeportation nach auschwitz, wo beide vermutlich anfang 1945 ermordet wurden .


SCHUPPEN 43 und 44 - MOLDAUHAFEN
anfang 1942 wurde im schuppen 43 ein zwangsarbeiterlager für sowjetische kriegsgefangene errichtet - ein modellversuch der “AG schuppen 43” eine kooperation von blohm & voß und den howaldtswerken...das lager sah ansich wohnräume und werkstätten für 500 insassen vor, war aber bereits so überfüllt, daß es auf den schuppen 44 ausgedehnt wurde - für französische kriegsgefangene, die zwangsarbeit zu leisten hatten, gab es ein eigenes lager im schuppen 47.
752 russische kriegsgefangene lebten und arbeiteten hier unter erbärmlichsten bedingungen...sie lebten in eigenen gebäuden abseits des fabrikgeländes, wurden so von den eigentlichen arbeitern isoliert - werksmitarbeiter hatten sie zu schlosserei- und blecharbeiten anzuleiten - den bewohnern des lagers war es strengstens verboten, die räume zu verlassen.
im dezember 1943 wurde das projekt beendet und das lager aufgelöst...die zwangsarbeiter wurden daraufhin auf andere lager verteilt.


LAGERHAUS G - SAALEHAFEN 

1903 erbauter schuppen zur stückgutlagerung
mitte juli 1944 wurden hier etwa 1.000 jüdische frauen aus tschechien und ungarn untergebracht, die zuvor in auschwitz selektiert worden waren, knapp einen monat später kamen weitere 500 weibliche häftlinge aus dem ghetto lodz hinzu, die ebenfalls über auschwitz selektiert worden waren.
sie mußten in verschiedenen hamburger raffinerien aufräumarbeiten verrichten.
am 13.09. wurden die frauen von der SS in drei gruppen geteilt und auf die kz-außenstellen wedel, sasel und neugraben verteilt.
danach wurde das lager mit etwa 2.000 männlichen kz-häftlingen belegt, die zuvor im stammlager neuengamme selektiert worden waren.
die bewachung übernahmen zollbeamte, die zuvor der SS untergeordnet wurden.   aufräumarbeiten bei den öl-raffinerien sowie der bau von panzergräben. am 25.10.44 wurde das lagerhaus von mehreren bomben schwer getroffen, etwa 150 häftlinge kamen ums leben.
danach wurden die häftlinge ins kz fuhlsbüttel verlegt.
von februar bis april 1945 wurden hier erneut 800 kz-häftlinge einquartiert, die überwiegend bei der firma jung-öl in willhelmsburg bei der treibstoffgewinnung eingesetzt wurden. am 14. april 45 wurde das lager endgültig geräumt und die häftlinge in das lager sandbostel bei bremervörde verlegt.
in dem separaten lagerteil des stalag X B brachte die ss im april 1945 etwa 9.000 männliche häftlinge des kz neuengamme unter. von diesen starben etwa 3.000 bis zur befreiung am 29.04. und den wochen danach.

AEL LANGER MORGEN - REIHERSTIEG


bereits 1941 hatte es am blumensand / hohe schaar ein zwangsarbeiterlager LM1 gegeben für 960 arbeitskräfte (howaldswerke), hinzu kam LM”, von MAN betrieben für 550 männer, frauen und kindern aus der su - hinzu kam ein kriegsgefangenenlager für 240 insassen, die in diversen hafenbetrieben eingesetzt wurden.  im unterschied zu den kz’s unterstand das lager der gestapo hamburg.  bis 1943 mußten häftlinge das sogenannte AEL errichten. es bestand aus vier baracken für 1050 häftlinge, 1944 wurde eine eigene frauenabteilung gebaut.  in das AEL eingewiesen wurde man durch polizeianweisung der gestapo bei nichterfüllung der arbeitsnorm, betriebsbummelei, fortwährender verspätung oder renitenz am arbeitsplatz...dazu gehörte auch der verdacht der spionage oder abfällige bemerkungen - so daß diese arbeitserziehungshaft nicht nur ausländische zwangsarbeiter sondern auch einheimische kräfte betreffen konnte. die erziehungsmaßnahme - disziplinierung durch schwerste körperliche arbeit - sollte maximal acht wochen dauern; bei erfolg der arbeitsmaßnahme durfte man an seinen bisherigen arbeitsplatz zurück kehren, andernfalls erfolgte die überstellung in das kz neuengamme.
nach der operation gomorrha wurden 150 häftlinge wegen sabotage und plünderung hingerichtet. 

im rahmen der sogenannten chinesenaktion im mai 1944 wurden im chinesenviertel auf st. pauli 130 chinesen verhaftet, etwa 80 von ihnen kamen ins AEL, 17 tote sind verbrieft.
für die gesamtzahl der inhaftierten gibt es keine genauen angaben...für dezember 1944 lassen sich wegen einer gemeldeten flecktyphus / ruhr-epedemie (wegen der katastrophalen haftbedingungen) 653 häftlinge nachweisen, davon 273 frauen.  zu den einweisungsgründen ins AEL konnte bei zwangsarbeiterinnen auch schwangerschaft gehören, die teilweise, wenn der “erzeuger” des kindes als minderrassig galt, zur zwangsabtreibung gezwungen wurden.
in der nacht auf den 23.03.45 wurde das lager durch bomenangriffe fast vollständig zerstört - es gab 90 tote - die überlebenden wurden in die gefängnisse fuhlsbüttel und holstenglacis gebracht.

BLOHM UND VOSS - STEINWERDER

rudolph und walter blohm, firmenleiter von BUV seit 1930, begrüßten die machtergreifung der nazis ausdrücklich - 1932 hatte das unternehmen noch 3.000 beschäftigte, 1936 waren es 14.000, was vor allem an den staatlichen aufträgen lag. dazu gehörte nach dem flottenabkommen mit england (1935) der schwere kreuzer admiral hipper und die wilhelm gustloff (1937), kreuzfahrtschiff der KDF-flotte, geführt von der reederei hamburg süd.

propagandistisches highlight war dann der stapfellauf des schlachtschiffes bismarck am 14.02.1939 unter beteiligung von adolf hitler.
nach kriegsbeginn verlegte sich BUV vor allem auf den u-boot-bau.  
bis kriegsende wurden bei BUV 224 u-boote (20% der gesamten flotte) gebaut - bei kriegsende hatte die werft etwa 16.400 arbeiter, von denen ein großteil zwangsarbeiter waren, es sind allein 26 lager von BUV bekannt.
ab 1944 setzte man auch kz-häftlinge aus neuengamme ein, an der hermann blohm-straße stand ein lager für 600 kz-häftlinge, von denen ein teil auf der werft eingesetzt wurde, der großteil wurde jedoch zur entschärfung von blindgängern und aufräumarbeiten nach bombenangriffen herangezogen.
etwa 250 häftlinge überlebten das lager nicht, der rest wurde auf wunsch der fimenleitung am 12.04.45 nach neuengamme zurück geführt.
für die zwangsarbeiter bei BUV gibt es keine gedenktafel, wohl aber eine für die zwangsarbeiter im lager der stülcken werft und eine für 16 ermordete widerstandskämpfer der hamburger werften (13 von BUV, 3 von der stülcken-werft) - es gab noch eine zweite tafel, 1953 auf betreiben des betriebsrates auf dem werftgelände aufgestellt. die ist mittlerweile verschwunden...auf dieser tafel wurde u.a. auch an biermann, bästlein, abshagen und jacob erinnert - deren namen fehlen auf der tafel in steinwerder.

bästlein, jacobs und abshagen waren die wichtigsten initiatoren des widerstands im hafen - allesamt nach der machtergreifung verhaftet, alle zwischen 1937 und 1939 aus dem kz sachsenhausen entlassen. sie bauten erneut eine kpd-organisation auf den werften auf, die bald etwa 300 mitglieder in über 30 betrieben in hamburg hatte. nach dem überfall auf die udssr begann die gruppe mit aktiven widerstandsleistungen - sie informierten arbeiter über flugblätter, halfen ausländischen zwangsarbeitern und beteiligten sich an sabotageaktionen in den rüstungsbetrieben.
die gruppe wurde nach und nach zerschlagen...im oktober 1942 wurden über 100 mitglieder verhaftet, einigen gelang die flucht, aber viele wurden wieder gefunden und verhaftet. in den sogenannten hamburger kommunistenprozessen 1944 wurden die meisten angeklagten zum tod verurteilt.  insgesamt etwa 70 mitglieder der gruppe wurden zwischen 1942 und 1945 hingerichtet oder ermordet.  

HOWALDTSWERKE - STEINWERDER

die vulkanwerft war nach BUV die zweitgrößte werft hamburgs, in der wirtschaftskrise verkaufte man das unternehmen an die bremer DESCHIMAG.
1928 verkaufte das bremer unternehmen den schiffbaulichen teil an die howaldtswerke ag in kiel, mit der übernahme der insolventen werft jansen & schmilinsky entstand so das hamburger unternehmen howaldtswerke vormals vulkan.
das unternehmen verlegte sich fast vollständig auf den bau von kriegssschiffen, ab 1934 war man bereits zu 75% von staatlichen zuschüssen abhängig  - 
1937 verkaufte der hauptaktionär heinrich diedrichsen seine anteile an die staatliche deutsche werke AG, so daß die firma quasi im besitz des deutschen reiches war.
der firmensitz des unternehmens wurde 1939 von kiel nach hamburg verlegt...wichtigster bau war im selben jahr das flaggschiff der KDF-flotte, die "robert ley" - danach verlegte sich die werft überwiegend auf den bau von u-booten, für den ab 1941 überwiegend zwangsarbeiter eingesetzt wurden...über 1000 menschen aus allen teilen europas, die in verschiedensten lagern untergebracht wurden.
es waren über 1000 arbeiter, die lager befanden sich u.a. in der st. pauli hafenstraße, in övelgönne und der kirchenallee.

STÜLCKENWERFT - STEINWERDER 
auf dem gelände der ehemaligen stülckenwerft liegen heute die beiden musical-theater für den könig der löwen und das wunder von bernd.
ab 1940 verlegte sich die werft ganz auf den bau von u-booten - dafür wurden ab 1941 etwa 250 ungarische juden als zwangsarbeiter eingesetzt, für die in steinwerder auf dem werksgelände ein außenlager der kz-neuengamme errichtet wurde.
nachdem die werft und das lager durch mehrere bombardements nicht mehr arbeitsfähig waren, wurden die überlebenden kz-häftlinge in das lager sandbostel überführt.

KÖHLBRANDWERFT - ALTENWERDER
1921 pachtete der aus burg in dithmarschen stammende schiffbauer paul berendsohn ein gelände am korbmachersand am mündungsarm des köhlfleet und
gründete dort eine werft zum bau von kleineren und mittleren schiffen.
in den 30er jahren entwickelte sich das unternehmen zu einer der bedeutendsten abwrackwerften deutschlands und hatte 120 mitarbeiter.
1938 wurde berendsohn, der jüdischer herkunft war, zum verkauf der werft gezwungen. obwohl die werft einen nominalwert von 1,9 mio RM hatte, erhielt der besitzer nach abzug der "judenabgaben" und der "reichsfluchtsteuer" lediglich 167 TRM, die von der devisenstelle beschlagnahmt wurden.
1940 gelang berendsohn die emigration in die usa - dabei konnte er lediglich 10.000 RM seines vermögens mitnehmen.
die stadt hamburg nutzte das gelände zunächst als lager, übertrug es 1943 dann den bottsbauern hamann und spiess, deren anlagen am mühlenkamp an der alster durch bombenangriffe zerstört worden waren. unter dem namen hamburger werft hamann und spiess lief die firma bis nach kriegsende, danach firmierte man unter dem namen hamburger werft KG usinger & co, wobei max spiess 1951 alleininhaber war. 
paul berendsohn kehrte ende der 40er jahre nach hamburg zurück und klagte in mehreren prozessen um rückübereignung; 1950 und 1953 erhielt er teile der werft zurück, 1955 wurde ihm eine entschädigung zugesprochen.
1957, zwei jahre vor seinem tod, verkaufte er die köhlbrandwerft an die "eisen und metall" abbruchfirma. berendsohns wohnhaus auf dem werftgelände war 2000 das letzte gebäude, das im zuge der hafenerweiterung für das CTA abgerissen wurde.

DEUTSCHE WERFT - FINKENWERDER
die deutsche werft wurde 1918 gegründet, vor allem auf betreiben von albert ballin von der hapag und walter rathenau von der aeg - durch den ersten weltkrieg war viel an schiffsraum verloren gegangen und so witterte man ein geschäft im bau von günstigem schiffen, vor allem ausgestattet mit der neuen dieselmotortechnologie.
das geschäft wurde jedoch erst besser, als man sich ab 1940 ebenfalls auf den bau von u-booten verlegte - dafür wurde zwischen 1941 und 44 der u-boot-bunker "fink II" am rüschkanal gebaut.
die deutsche werft setzte ab 1940 mehrere tausend zwangsarbeiter ein, kriegsgefangene, gepreßte "ostarbeiter" - es gab drei lager auf dem firmengelände, fünf lager in finkenwerder, sechs lager im hafengebiet und neun in der stadt.
ab 1944 wurden auch etwa 600 kz-häftlinge aus neuengamme eingesetzt, die in einem eigenen lager am rüschwinkel untergebracht wurden.
bei bombenangriffen im dezember 1944 kamen mindestens 90 häftlinge ums leben - das lager wurde im im april 1945 geräumt; die überlebenden kamen in die außenlager bullenhuser damm und dessauer ufer.


FRANCOHAFEN
im juli 1936 begann der spanische bürgerkrieg, als rechtsgerichtete truppen in marokko gegen die linksgerichtete volksfrontregierung in madrid putschten.
auf anregung des französischen präsidenten lebrun kam im september 1936 ein "kommitee zur nichteinmischung in die angelegenheiten spaniens" zusammen, dem auch deutschland beigetreten war - defacto war die nichteinmischung jedoch eine farce - bereits im juli 1936 sorgten flugzeuge der lufthansa im rahmen der operation "feuerzauber" für eine luftbrücke zwischen marokko und dem spanischen festland, womit truppen der putschisten transportiert wurden.
zugleich eskortierten deutsche kriegsschiffe wie die "deutschland" und die "admiral scheer", die offiziell abkommandiert worden waren, um deutsche staatsangehörige zu evakuieren, schiffe der francoisten, um truppen auf das festland zu bringen.
deutschland unterstütze die putschisten in der folgezeit massiv mit personal und material - das meiste an unterstützung begann im hamburger hafen.
von hamburg aus startete u.a. die “reisegesellschaft union” im august 1936, 25 offiziere und 66 unteroffiziere, die mit dem dampfer usamaro nach cadiz verschifft wurden.; auch weitere truppen wurden mit schiffen nach spanien verlegt, als urlaubsgesellschaften getarnt - in den an die wehrmacht vermieteten schuppen lagerten waffen, kanonen, flugzeuge und munition. 


für all jene menschen, die im hafen arbeiteten, war das offensichtlich - ebenso wie die allgemeine aufrüstung des deutschen reiches...viele der menschen in hamburg
waren nach den jahren der wirtschaftskrise froh, wieder in lohn und brot zu sein, nur wenige leisteten in der folgezeit widerstand - in einer zeit, in der das schlimmste vielleicht noch zu verhindern gewesen wäre - an zwei menschen möchte ich hier nochmal gesondert erinnern:
dagobert biermann (geboren 13.11.1904):

biermann war kpd-mitglied und arbeitete zunächst bei blohm und voss, hatte von 1933 bis 1935 wegen verbreitung der illegalen hamburger volkszeitung im zuchthaus lübeck gesessen  - fand danach arbeit als schlosser bei der deutschen werft. danach schloß er sich wieder der illegalen kpd an und machte mit anderen zusammen in flugblättern auf die deutschen waffenlieferungen für die spanischen francisten aufmerksam, forderte seine kollegen zum bummelstreik auf, "macht langsamer oder meldet euch krank"
biermann und der eisendreher bruno rieboldt leiteten die informationen an den ehemaligen anwalt dr. herbert michaelis weiter (die drei hatten sich im gefängnis lübeck kennengelernt), der leitete sie an den führer der kpd-süd, richard bähre nach basel weiter. nachdem die gruppe infiltriert worden war, wurde biermann verhaftet und zu sechs jahren zuchthaus verurteilt. als jude wurde er nach auschwitz deportiert und dort am 22.02.43 ermordet. rieboldt wurde zu 12 jahren zuchthaus verurteilt.
für alle interessierten: der liedermacher wolf biermann ist dagoberts sohn...
dr. herbert michaelis (geboren 03.00.1998):
michaelis war anwalt und ebenso wie biermann dreifach-haßobjekt für die nazis...widerständler, jude und kommunist - 1933 wurde ihm die zulassung als als anwalt entzogen und in einem fingierten prozeß wegen betruges wurde er zu zwei jahren zuchthaus verurteilt, die er in lübeck absaß, wo er biermann und die anderen kennenlernte.
michaelis hätte danach zu verwandten in die schweiz auswandern können, entschloß sich aber, in hamburg zu bleiben und weiter im widerstand aktiv zu sein.
er war wesentlich daran beteiligt, die deutsche unterstützung am spanischen bürgerkrieg öffentlich zu machen - durch einen spitzel wurde die gruppe im märz 1937 zerschlagen, die mitglieder verhaftet.
am 2. märz 1939 verurteilte der volksgerichtshof herbert michaelis wegen hochverrates zum tode; er wurde am 14.06.1939 in plötzensee enthauptet.
herbert michaelis wohnte in der isestraße - einer straße, von der allein 255 bewohner im holocaust ermordet wurden.


DR. OTTO WOLFF 

und wir, als fans des fc st. pauli, sollten nicht vergessen, daß wir einen in unseren reihen hatten, den der ehemalige hamburger justizsenator biermann ratjen 1951 als "einen der schlimmsten und brutalsten schergen des absoluten antisemitismus in der wirtschft" bezeichnet hatte.
ich rede jetzt mal nicht von wilhelm koch, vereinspräsident des fcstp von 31-45 und von 47 bis zu seinem tod 1969, nsdap-mitglied seit 1937 und bis 1999 namensgeber unseres stadions.
ich rede von dr. otto wolff, den vielleicht nicht so viele kennen mögen.
wolff wurde 1907 in kiel geboren, war nach dem abitur bei der reichsbahn beschäftigt und studierte an der universität hamburg volkswirtschaftslehre, was er 1934 mit dem diplom abschloß
wolff spielte beim fcstp von 1925 bis 1935 als rechtsaussen (wo auch sonst) und nochmal aushilfsweise in der saison 1939/40.
er trat bereits 1930 der nsdap bei, wurde später ss-standartenführer.
1936 wurde der studierte ökonom hauptsachbearbeiter des gauwirtschaftsberaters hamburg, berieits in dieser zeit war er an zahlreichen arisierungen beteiligt, so an der privatbank warburg oder der köhlbrandtwerft.
1940 wurde er selbst gauwirtschaftsberater und hatte somit auf alle rüstungsbetriebe einen maßgeblichen einfluß.
er war von 1942 bis 1944 mitglied der ratsherrenversammlung, dem hamburgischen pseudo-parlament, saß im vorstand der HAPAG (1942 - 45), in diversen bei- und aufsichtsräten (u.a. bei unilever), saß ab 1943 der rüstungskommission des wehrkreises X (hamburg, bremen und schleswig-holstein) vor.
1943 wurde er dann generalkommissar für die gesamte wirtschaft im gau hamburg.
damit war wolff für die gesamte rüstungsindustrie sowie für die versorgungs- und ernährungsbetriebe zuständig - zu seinen aufgaben gehörten neben der zuteilung von rohstoffen vor allem auch die zuteilung von arbeitskräften, also vor allem zwangsarbeiter und kz-häftlinge.
er gehörte - so stellte ein untersuchungssausschuß der bürgerschaft über korruption in der ns-zeit 1946 fest zu einem "bonzen-club der 13", die sich gegenseitig die wichtigsten posten in der hansestadt zuschacherten, einander mit luxusgütern - vor allem aus geraubtem jüdischen besitz aus ganz europa, versorgten.
wolff selbst erwarb 1939 und 1942 zwei arisierte häuser in harvestehude und an der elbchaussee.
nach dem krieg wurde wolff von den briten interniert, schließlich vom schwurgericht bielefeld zu 2 1/2 jahren haft und einer geldstrafe von 50.000 RM verurteilt - er legte berufung ein; schließlich wurde er 1949 zu 5.000 DM geldstrafe verurteilt - die strafe war allerdings mit der internierungshaft abgegolten und wolff wurde schließlich im entnazifizierungsverfahren in die kathegorie IV "mitläufer" eingestuft...thematisiert worden war im prozess nur seine ss-mitgliedschaft, nicht seine tätigkeiten während des krieges in hamburg.
wolff selbst sagte, er habe weder von den gräueltaten im kz-neuengamme (obwohl er für den einsatz von kz-häftlingen als zwangsarbeiter zuständig war) noch von den massenmorden im osten gewußt - er sei 1930 der partei nur deshalb beigetreten, weil er an hitlers versprechen glaubte, die arbeitslosigkeit zu beseitigen.
wolff selbst trat 1950 wieder in den fc st. pauli ein, kickte fortan in der altherren-mannschaft - von franz strohkar stammen folgende zeilen aus seiner chronik zum 40jährigen jubiläumdes vereins: "der krieg war dann aus, es kam für otto keine schöne zeit denn ihr wißt, neumünster war nicht weit (wo wolff inhaftiert gewesen war)
doch vorbei gingen auch diese tage
und wir freuten uns mit über das glück
als otto kehrte zu familie und heim zurück
die freude auf beiden seiten war groß
als otto dann zu uns gekommen
er hatte unseren ruf, unsere einladung vernommen"
1955 gründete er die "otto wolff vermittlungsgesellschaft für versicherungen", in die er 1959 auch karl kaufmann, den ehemaligen gauleiter hamburgs, als teilhaber , aufnahm...so hilft man sich.
1960 wird wolff in der festschrift zum 50jährigen des fcstp als täger der goldenen ehrennadel erwähnt - es ist unklar, wann genau er die bekommen hat - 40 jahre vereinsmitgliedschaft, ansich voraussetzung für die verleihung, hatte er jedenfalls nicht vorzuweisen...GÜNTHER PEINE jedenfalls bemerkte, der "supernazi", wie er wolff nannte, hätte die nadel für seine verdienste um den verein während der zeit des zweiten weltkriegs verliehen bekommen.
noch 1982 - zu wolffs 75stem geburtstag stand in der vereinszeitung der satz: "vor dem 2. weltkrieg und während des krieges hat unser senior - in exponierter stellung für unser land und unsere heimatstadt hamburg tätig - für unsere braun-weißen farben wahrlich segensreich gewirkt, und zwar in aller stille"

ein satz, der sich auch in der vereinszeitung von 1992 findet, in dem nachruf auf den 1991 verstorbenen dr. otto wolff.
erst 2007 mit den arbeiten verschiedener autoren (frank bajohr, rené martens, gregor backes) begann eine diskussion um die person des vergessenen nazis am millerntor - auf der JHV des fcstp am 14.11.2010 wurde wolff posthum die goldene vereinsnadel aberkannt.

LAGER IN ST. PAULI
> st. pauli fischmarkt
1945 lager für niederländische zwangsarbeiter, zahl unbekannt
> peepermöhlenbeck

1941 lager für mind. dänische zwangsarbeiter, deutsche verlagsanstalt
> klaus-stallknecht-straße
lager der norddeutschen affinerie, zahl unbekannt
> finkenstraße, gaststätte einfeld
lager für arbeiter in der fischindustire und auf fischdampfern, zahl unbekannt
> antonistraße 12
lager für ca. 30 arbeiter, deutsche eisenfaßfabrik
> lincolnstraße
lager in einer ehemaligen gastwirtschaft, als "massenquartier kühn" bezeichnet
zahl unbekannt
> reeperbahn (168)
lager der deutschen werft, zahl unbekannt
> reeperbahn 152
Fremdenheim, deutsche werft, zahl unbekannt 
> schmuckstraße 
boswau und knauer (hoch und eisenbetonbau), zahl unbekannt, zwei lager
> große freiheit (37)
lager für etwa 20 personen, verschiedene firmen
> große freiheit 39
schütte (großküchenbetrieb), etwa 15 bewohner
> paul-roosen-str. 37
gaststätte mindermann, dyckerhoff & widmann (bauunternehmen),  mindestens 49 bewohner

> thadenstraße
raffay & co (kraftfahrzeuge), Kriegsgefangenenlager, mindestens 56 insassen
> bleicherstraße
carl thomsen (tischlerei), zahl unbekannt
> kieler straße 34/36
heutige lage: paul-roosen / clemens-schultz-straße

barackenlager für mindestens 339 insassen: Lerscheidt und linge (wein- und spirituosen), hamburger fleischgroßhandel schulz & sohn, franz rübke (eisenbetonbau)
> große freiheit 68
lager in der ehemaligen gaststätte wachtmann, zahl unbekannt
> simon-von-utrecht-straße 4
"italienerlazarett", zahl unbekannt
> hafenstraße 88/90
friedrich holst (hoch- und tiefbau), howaldtswerke (schiffbau), mindestens 83 insassen
> hopfenstraße 24
arbeitgeber und zahl unbekannt
> taubenstraße 1
lager auf dem betriebsgelände der bavaria brauerei, zahl unbekannt 

> seilerstraße 41
ehemalige schule, blohm und voß, 446 bewohner, davon mindestens 28 frauen

> seewartenstraße
gesamthafenbetriebsgesellschaft, seemannshaus neben dem hafenkrankenhaus, mindestens 47 bewohner
> simon-von-utrecht-straße (41)
amt für kriegswichtigen einsatz, zahl unbekannt 
> budapester str. 25
ehemalige gaststätte frank, lager für mindestens 25 personen, firmen unbekannt
> budapester str. 24
chemische fabrik heinrich & co (waschmittel), mindestens 36 insassen

> heiligengeistfeld
holzbaracke, mindestens 68 insassen, firmen unbekannt
> heiligengeistfeld
b. stein (bauunternehmen), zunächst barackenlager für bis zu 997 deutsche arbeitskräfte, später ausländische zwangsarbeiter
> glacischaussee
lager für 60 italienische zwangsarbeiter, die das lager auf dem HGF bauten.

in ganz hamburg gab es im märz 1941 knapp 8.900 ausländische zwangsarbeiter - fünf monate später waren es etwa 29.000; im sommer 1943 waren es 73.000 - nach der operation gomorrha sank die zahl wieder auf 27.000, viele wurden auf anweisung des gauleiters in andere regionen verlegt, einfach aus dem grund, da viele betriebe zerstört und nicht mehr produktionsfähig waren.
wie gesagt, im gesamten zeitraum während des krieges wurde eine halbe million menschen zur arbeit...die genaue zahl der toten kann nicht ermittelt werden.
auf dem ohlsdorfer friedhof existieren allein vier massengräber für 3.679 ausländische zivilisten und 544 kriegsgefangene, die in den bombennächten im juli / august 1943 umgekommen sind (zwangsarbeitern war es verboten, luftschutzeinrichtungen zu betreten) - da viele opfer nicht mehr identifiziert werden konnten und somit annonym bestattet wurden, bzw es auch in altona, harburg und bergedorf solche massengräber gibt, dürfte die zahl weitaus höher sein.

EHEMALIGES ISRAELITISCHES KRANKENHAUS
wer schon mal im st. pauli eck sein bier getrunken hat, wird vielleicht schon mal auf das schicke weiße gebäude auf der anderen straßenseite geblickt haben, in welchem heute das kundenzentrum des ortsamts st. pauli untergebracht ist.

kaum einer wird vielleicht schon mal rüber gegangen sein und die schwarze tafel an dem gebäude bemerkt haben.

hier stand ehemals der 1606 errichtete pesthof auf dem hamburger berg.
1841 wurde hier das "krankenhaus der deutsch-israelitischen gemeinde, der seligen frau betty heine zum andenken erbaut von ihrem gatten" errichtet.
1839 hatte salomon heine, kaufmann und bankier (onkel und förderer des dichters heinrich heine), die mittel zur errichtung bereitgestellt - seine frau betty war 1837 gestorben.
bei seiner eröffnung 1843 war es das zweitälteste krankenhaus hamburgs. 
die dem krankenhaus von süden zulaufende straße erhielt 1869 den namen "heinestraße" - 1938 wurde sie unter den nazis in hamburger berg umbenannt. 
unter den nazis endete auch die geschichte des renomierten hospitals. 
nach 1933 wurden quasi keine nicht-jüdischen patienten mehr eingewiesen (die 1933 noch 60% der gesamt-patienten ausgemacht hatten), die angeschlossene krankenpflegeschule mußte auf staatliche anordnung geschlossen werden. 
 - 1938 wurde jüdischen ärzten die zulassung entzogen, sie durften als "krankenbehandler" in der folgezeit keine nicht-jüdischen patienten mehr ärztlich versorgen.
1939 dann überschrieben die jüdische gemeinde und die verwaltung des krankenhauses das gelände und die gebäude dem staat, der es in der folge als lazarett nutzte - 1943 durch bombenangriffe schwer beschädigt, wurde es nur nachlässig renoviert, erst 1987 begann man mit einer umfangreichenden instandsetzung und 1991 kam das gebäude unter denkmalschutz.
das neue israelitische krankenhaus entstand 1960 in alsterdorf am orchideenstieg.


  































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