FIFA-Weltrangliste
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4.
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UEFA-Koeffizient (Platz)
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9.
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EM-Titel
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1988
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EM-Teilnahmen bisher
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1976 / 1980 / 1988 / 1992 / 1996 / 2000 /
2004 / 2008
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EM-Qualifikation
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Sieger der Gruppe E
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Rekordspieler
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Edwin van der Sar (130)
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Rekordtorschütze
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Patrick Kluivert (40)
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EM-Bilanz gg GER
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1980:
2:3 (Vorrunde)
1988:
2:1 (Halbfinale)
1992:
3:1 (Vorrunde)
2004: 1:1 (Vorrunde) |
Die Niederlande sind ein eigenartiges
kleines Land.
Wenn es keine Deiche gäbe, könnte man dort
nicht wohnen; wenn es keine Gewächshäuser gäbe, könnte man dort keine Tomaten
und Tulpen anbauen.
Die Niederlande sind eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Welt, was vielleicht dazu führt, daß jeden Sommer mehrere Millionen von ihnen mit mobilen Heimen (vulgo auch Wohnwagen genannt) dem Land entfliehen, um woanders Urlaub zu machen und daß sich der Niederländer exzellent durch Massen hindurchschlängeln kann, also im Fußball einen exorbitanten Dribbler abgibt.
Die Niederlande sind eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Welt, was vielleicht dazu führt, daß jeden Sommer mehrere Millionen von ihnen mit mobilen Heimen (vulgo auch Wohnwagen genannt) dem Land entfliehen, um woanders Urlaub zu machen und daß sich der Niederländer exzellent durch Massen hindurchschlängeln kann, also im Fußball einen exorbitanten Dribbler abgibt.
Seit Beginn jener Zeiten, als Fußball in
den Niederlanden populär wurde, galt zunächst Belgien, der 1830 verloren
gegangene Teil des Landes, als Erzrivale.
Das sollte sich später ändern und die Deutschen sollten diesen Platz übernehmen, nachdem sie im ersten wie im zweiten Weltkrieg ihren kleinen Nachbarn überrannt hatten und, vor allem, der vielleicht besten niederländischen Mannschaft aller Zeiten den WM Titelgewinn 1974 versaut hatten.
Das sollte sich später ändern und die Deutschen sollten diesen Platz übernehmen, nachdem sie im ersten wie im zweiten Weltkrieg ihren kleinen Nachbarn überrannt hatten und, vor allem, der vielleicht besten niederländischen Mannschaft aller Zeiten den WM Titelgewinn 1974 versaut hatten.
Zweimal hatten die Niederländer das
Achtelfinale einer WM erreicht (1934 und 1938), waren auch bei Olympia relativ
erfolgreich gewesen, danach begann eine lange Durststrecke bis 1974.
Dann nämlich erfanden die Niederländer
„Totaalvoetbal“.
Nein, taten sie natürlich nicht – die
Anfangsjahre der Nationalmannschaft waren geprägt von ausländischen
Nationaltrainern, vornehmlich Engländern und Österreichern, von 1966 bis 1970
auch von dem Deutschen Georg Kessler.
Als Erfinder des totalen Fußballs gilt Jack
Reynolds, Trainer bei Ajax Amsterdam von 1915 bis 1949 – die Idee dahinter: bei
Ballbesitz greifen alle Spieler an, bei Ballverlust verteidigen alle; im
Angriff gilt es, die Räume weit zu machen und in der Verteidigung gilt es, sie
für den Gegner eng zu machen. Das setzt ein hohes Maß an Spielintelligenz
voraus; ein Stürmer muß Verteidiger spielen können und ein Stürmer Verteidiger.
Nicht zuletzt galten auch Jongbloed und Van der Sar, die zwei größten Torhüter
der Niederlande, als hervorragende Fußballer.
Zur Perfektion gelangte das System unter
Rinus Michels, Trainer bei Ajax bis 1971 und Bondscoach bei der WM 1974, der
selber noch unter Reynolds gespielt und von ihm dieses System gelernt hatte.
Von 1970 bis 1974 hatten mit Feyenoord und Ajax vier mal in Folge
niederländische Vereine den Europapokal der Landesmeister gewonnen und für alle
galt die Elftal, spätestens nach dem 2:0 über Brasilien als beste Mannschaft
der Welt und haushoher Titelfavorit, bis die Deutschen ihnen dann in München
den Titel wegschnappten. Ein Drama – in jedem anderen Land der Welt wären
wahrscheinlich die Niederländer Weltmeister geworden – und nichts kann diese
Schmach tilgen.
Als zweitliebster Hassgegner etablierte
sich im Übrigen Argentinien, nachdem der Elftal 1978 genau das gleiche
widerfuhr; wieder wurden sie als klarer Favorit von einem Gastgeberland in
einem WM-Finale geschlagen und auch hier hieß es hinterher, daß in jedem
anderen Land der Welt die Niederlande das Finale gewonnen hätten.
So sehr das System des Totalvoetball
Intelligenz, Kreativität und Individualität voraussetzt, so sehr mag es
erstaunen, daß der Vater des Erfolges – Rinus Michels – alles andere als ein
Feingeist war, sondern eher ein sadistischer Schleifer, der seine Spieler
erniedrigte und beleidigte; er ließ sie laufen bis zum Umfallen und Turnen bis
zur Erschöpfung grad wie Gunnery Sergeant Hartmann in „Full Metal Jacket“.
Jetzt könnte man sagen: die, die die
Ausbildung überstanden, überlebten auch Vietnam.
Denn seit 1974 galten die Niederlande, bei
welchem Turnier sie auch immer antraten, zumindest als Mitfavorit, doch ihren
einzigen Titel holte die Elftal unter dem General.
Als kleine Revanche..…wieder war der
Gastgeber Deutschland, 1988.
Kern der Mannschaft war diesmal die
Mannschaft des PSV Eindhoven für die Defensive, die Helden waren jedoch
Legionäre: Marco van Basten, der mit 5 Toren Torschützenkönig werden sollte vom
AC Milan, sein Mannschaftskamerad Ruud Gullit und der Defensivmann Frank
Rijkaard, damals noch bei Saragossa unter Vertrag.
Mit Gullit, Rijkaard und Aaron Winter
standen erstmals drei dunkelhäutige Spieler, die ihre Wurzeln in der
niederländischen Kolonie Surinam hatten, im Kader der Niederländer für ein
großes Turnier.
Den großen Nachbarn erwischte man diesmal
im Halbfinale in Hamburg, ohnehin kein gutes Pflaster für die deutsche
Nationalmannschaft. Das Spiel verlief quasi genauso wie das Finale von 1974,
nur umgedreht:
Damals: 1. HZ 1:0 NED Elfmeter – 1:1 GER Elfmeter – 1:2 GER – 2. HZ torlos...1988 blieb die erste Halbzeit torlos, dann gingen die Deutschen durch einen Elfmeter in Führung, die Koeman ebenfalls durch Elfmeter ausglich. Kohler hatte Van Basten gefoult, den er nie wirklich in den Griff bekam und der dann in der 88. Minute auch den Siegtreffer für die Niederlande markierte...über die Aktion von Ronald Koeman, der sich zum Zeichen der Genugtuung nach dem Spiel mit dem Trikot von Olaf Thon symbolisch den Arsch abwischte, hüllen wir mal den Mantel des Schweigens, auch wenn es eine der unschönsten Jubelgesten des modernen Fußballs war. Koeman zeigte später auch so was wie Reue (de facto, so wie ich den Mann einschätze, hat der allerdings noch heute spezielles Olaf-Thon-Trikot-Toilettenpapier zu Hause).
Damals: 1. HZ 1:0 NED Elfmeter – 1:1 GER Elfmeter – 1:2 GER – 2. HZ torlos...1988 blieb die erste Halbzeit torlos, dann gingen die Deutschen durch einen Elfmeter in Führung, die Koeman ebenfalls durch Elfmeter ausglich. Kohler hatte Van Basten gefoult, den er nie wirklich in den Griff bekam und der dann in der 88. Minute auch den Siegtreffer für die Niederlande markierte...über die Aktion von Ronald Koeman, der sich zum Zeichen der Genugtuung nach dem Spiel mit dem Trikot von Olaf Thon symbolisch den Arsch abwischte, hüllen wir mal den Mantel des Schweigens, auch wenn es eine der unschönsten Jubelgesten des modernen Fußballs war. Koeman zeigte später auch so was wie Reue (de facto, so wie ich den Mann einschätze, hat der allerdings noch heute spezielles Olaf-Thon-Trikot-Toilettenpapier zu Hause).
Die Niederländer revanchierten sich im
Finale für die 0:1 Auftaktniederlage im Gruppenspiel gegen die Sowjetunion und
alle waren sich letztendlich einig, daß auch die beste Mannschaft des Turniers
im Finale gesiegt hatte.
Die Herren Van Basten, Gullit und Rijkaard
wurden im Übrigen in dieser Reihenfolge Europas Fußballer des Jahres 1988 – den
niederländischen Titel gewann bezeichnenderweise Ronald Koeman, der
Arschabwischer (nein, 1990 gewann nicht Frank Rijkaard, der Völler-Bespucker).
Mit den 90ern kam eine neue
Fußball-Generation in den Niederlanden auf, Louis van Gaal hatte die alte
Ajax-Schule neu belebt und scheinbar schien man zu den alten Tugenden
zurückzukehren: Intelligenz, Kreativität und Individualismus, die den totalen
Fußball auszeichneten.
Schön spielen konnten die Niederländer seit
1988 immer und semi-erfolgreich auch.
Was fehlte, war ein General: muß ja kein Schleifer wie Rinus Michels sein, aber alle Nationaltrainer, die ihm folgten, hatten gerade mit den geforderten Tugenden der Spieler ihre Probleme.
Nachdem immer Spieler mit ausländischen Wurzeln, vor allem aus Surinam, zu Spitzenspielern wurden und in der Elftal auftauchten, begann ab 1996 eine Rassismus-Debatte...damals stellten mit Reizinger, Bogarde, Taument, Winter, Davids, Seedorf und Kluivert dunkelhäutige Spieler den Kern der Nationalmannschaft und sollten sich nach der EM immer wieder beschweren, ihnen würden immer wieder „weiße Spieler vorgezogen“. Umgekehrt wurden die Surinamesen immer wieder in der niederländischen Presse dafür kritisiert, daß sie zwar für ihre Vereine Höchstleistungen erbringen würden, in der Nationalmannschaft hingegen regelmäßig versagen würden.
Was fehlte, war ein General: muß ja kein Schleifer wie Rinus Michels sein, aber alle Nationaltrainer, die ihm folgten, hatten gerade mit den geforderten Tugenden der Spieler ihre Probleme.
Nachdem immer Spieler mit ausländischen Wurzeln, vor allem aus Surinam, zu Spitzenspielern wurden und in der Elftal auftauchten, begann ab 1996 eine Rassismus-Debatte...damals stellten mit Reizinger, Bogarde, Taument, Winter, Davids, Seedorf und Kluivert dunkelhäutige Spieler den Kern der Nationalmannschaft und sollten sich nach der EM immer wieder beschweren, ihnen würden immer wieder „weiße Spieler vorgezogen“. Umgekehrt wurden die Surinamesen immer wieder in der niederländischen Presse dafür kritisiert, daß sie zwar für ihre Vereine Höchstleistungen erbringen würden, in der Nationalmannschaft hingegen regelmäßig versagen würden.
Das Lama, Frank Rijkaard, ist bislang der
einzige Spieler aus der surinamesischen Connection, der es auch zum Bondscoach
brachte. Er übernahm das Amt 1998 von Guus Hiddink, nachdem der bei der WM 1998
„nur Vierter“ geworden war und während seiner Amtszeit einer der Verursacher
der Rassismus-Vorwürfe gewesen war.
Unter Rijkaard erlebte Patrick Kluivert,
ebenfalls mit Wurzeln in Surinam, vielleicht seine beste Phase in der Elftal;
beim 6:1 im Viertelfinale gegen Jugoslawien bei der EM 2000 traf er alleine
drei Mal und war auch der einzige Niederländer, der im Elfmeterschießen im
Halbfinale gegen Italien traf (nachdem er zuvor im Spiel allerdings per
Strafstoß am Innenpfosten gescheitert war...vorher war schon Frank de Boer im
Spiel per Strafstoß gescheitert – der sollte im Elfmeterschießen wieder
scheitern, ebenso wie Bosvelt und Stam....allesamt „Weiße“)
Da Rijkaard vor dem Turnier erklärt hatte,
ihn interessiere nur der Titel, trat er logischerweise nach dem Turnier
zurück... Bondscoach ist ohnehin eine Aufgabe mit relativ geringem
Haltbarkeitsdatum; seit der dritten Demission von Rinus Michels im Juni 1992
gab es insgesamt in zwanzig Jahren neun Nachfolger, wobei Guus Hiddink und Dick
Advocaat das Amt insgesamt zweimal inne hatten und die letzten zwei Trainer
seit insgesamt zusammen acht Jahren amtieren.
Der große Hoffnungsträger war zunächst
Stürmerikone Marco van Basten, der 2004 das Amt übernahm und als erstes die
Störenfriede Seedorf, Davids und Kluivert aus der Surinam Fraktion
aussortierte. 2006 bei der WM war jedoch schon im Achtelfinale Schluß für die
Elftal – und schon vor der EM 2008 kündigte van Basten an, er werde nach dem
Turnier aufhören; sei Nachfolger wurde Bert van Marwijk, der 2004 bis 2006 auch
mal Borussia Dortmund gecoacht hatte.
Unter ihm errang die Mannschaft immerhin
den Vizeweltmeistertitel 2010, wiederum zeichnete sich die Mannschaft vor allem
durch individuelle Klasse aus.
Wiederum könnte allerdings diese
Individualität den Niederländern zum Verhängnis werden: unter van Basten
beschwerte sich van Nistelrooy, daß er nicht zu den ihm zustehenden Einsätzen kommen
würde und auch jetzt schon seit längeren meckert eine Fraktion um van der Vaart
und Huntelaar, der Trainer hätte seine Lieblinge und würde nicht nach Leistung
aufstellen.
Nach der Auftaktniederlage gegen die Dänen
hat van Marwijk ja nun die Chance, seinen Kritikern zu widersprechen und
befindet sich damit im üblichen Dilemma aller niederländischen
Bonscoaches...ändert er nichts an seiner Aufstellung und gewinnt gegen den
großen Nachbarn, hat er alles richtig gemacht und wird zum Nationalhelden.
Ändert er seine Aufstellung und die
Niederlande gewinnen gegen Deutschland, wird er ebenfalls zum Nationalhelden,
aber seine Autorität ist angekratzt und spätestens bei der nächsten großen
Niederlage ist er wahrscheinlich weg.
Verliert er gegen Deutschland und die
Niederlande scheiden nach der Vorrunde aus bei dieser EM, kann er sich
wahrscheinlich, egal ob er seine Aufstellung ändert oder nicht, wahrscheinlich
einen neuen Job suchen.
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