Freitag, 3. April 2015

DIE WEISSEN TAUBEN SIND MÖWEN


vier tage, drei nächte in mönchengladbach...
eine neue sport-scheck filiale in einem neuen einkaufszentrum ruft nach unterstützung für den zu erwartenden kundenansturm...gefragt worden - gut, kann man ja mal machen.
da hatte ich noch nicht auf der pfanne, daß am tag davor verkaufsoffener sonntag in hamburg war, wo ich auch zugesagt hatte, was dann eine ziemlich lange arbeitswoche bedeutete. 

um mal meinen chef zu zitieren: "kein mitarbeiter macht bei mir ne sechs-tage-woche"...gut, eine acht tage woche geht dann demzufolge, noch dazu eine, die im zweiten drittel mit aufstehen um 4:30 morgens  beginnt.
wenigstens durfte ich den sonntag um 17:00 uhr gehen, konnte so also die erste halbzeit des quali-spiels gegen georgien sehen und die zwote halbzeit perfekt zum einschlummern nutzen. 
ich bin, was das aufstehen zu so ungewohnten zeiten anbelangt, ein paniac...drei wecker gestellt, auf 4:20, 4:25 und 4:30...und stand dann quasi um 4:15 quasi senkrecht im bett, nachdem ich vorher seit zwei uhr quasi im halbstundentakt wach geworden war. 
6:46 ab hbf...es gibt sowas wie wochenpendler...einige menschen, mit denen ich den zug teilte, waren auch auf der rückfahrt wieder da...manche scheinen das schon seit jahren zu machen, die kennen sich und ihre familiengeschichten wie verwandte oder nachbarn. 
bis düsseldorf hatte unser zug 10 minuten verspätung angesammelt, was ja mal gepflegt nix ist, so konnte ich meinen metronom-verschnitt nach mgb locker erreichen. 
die frage, die mich umtrieb...mgb ist in etwa so groß wie kiel oder braunschweig...kiel und braunschweig waren ja mal deutscher meister...bei kiel ists lange her, bei brunswik war es damals eine betonabwehr...gladbach war (neben den bayern) DIE dominierende mannschaft der 70er jahre, mehrfacher meister, pokalsieger, dazu internationale erfolge...wie konnte das geschehen...eine antwort hab ich nicht gefunden.
zumal ich eher negative erfahrungen mit dem verein hab...letztmalig, als ich da war, kriegte ich "wir bauen eine ubahn von st. pauli bis nach auschwitz" um die ohren gehauen.
wenn wir schon bei fußball sind...die borussia ist auf jeden fall identitätsstiftend...wenn in der stadt irgendjemand mit einem fanutensil rumläuft, dann ists vom vfl...irgendwann am zweiten tag hat mal ein kleiner junge gefragt, was denn die bvb-trikots kosten...aber der hatte auch nen migrationshintergrund...ich bin noch in keiner stadt gewesen, wo ich nicht in vier tagen jemand mit dortmund, bayern oder st. pauli kleidungsstück gesehen habe.
hier in mgb - nix...naja, warum soll man auch bayern oder dortmund fan werden, wenn man einen solch erfolgreichen verein in der stadt hat (läuft ja momentan auch bei denen)...zumal es ansonsten wenig gibt, womit man sich in dieser stadt identifizieren kann.
wenn es schöne ecken gibt, dann hab ich sie nicht gefunden - gut, ich hatte auch ein extrem reduziertes angebot, an sightseeing zu denken...bahnhof - hotel - filiale - kaisers supermarkt - hotel - filiale - fanshop - rewe - hotel - kaisers - hotel - fanshop - filiale - hotel - filiale - fanshop - hotel - bahnhof...kurzgefaßt die stationen meiner reise.
der bahnhof ist erstmal ein kulturschock...wenn das das empfangszimmer einer stadt ist, könnte ich mir vorstellen, daß 90 % aller ankommenden gleich mit dem nächsten zug wieder weg wollen.
nur wuppertal ist noch häßlicher...der aromatische duft vom schweiß der jahrhunderte hängt in der luft...gepaart mit urin- odeur...auf dem boden gestrige speisereste und zeugnisse vergangener schlägereien...da ist man froh, die hallen zu verlassen...der busbahnhof ist dagegen hochmodern...scheint erstaunlich gut organisiert, der öpnv - straßen- oder u-bahnen gibbet nicht.
gut, brauchte ich eh nicht - das FAIR-hotel lag dem busbahnhof gegenüber an der hindenburgstraße, der hauptader der stadt (städte, die hindenburgstraßen haben...weiß ich nicht...) - rechts vom bahnhof mit den hausnummern ab 200 wirds schmuddelig und man ist in st. georg; links von 200 bis 0 wirds immer schicker....das ist dann, naja, ein wenig wie kiel.
keine altstadt...wenn man ein wenig in die seitenstraßen schweift, findet man noch gebäude, die vielleicht aus den 1890ern stammen mögen, ansonsten ist das meiste fünfgeschossig, quadratisch, praktisch  und häßlich bis auf den einen entsetzlichen plattenbau mit den grünen balkonen.
MGB, so lehrte mich meine recherche, zeichnete sich früher durch textilindustrie aus und dann durch maschinenbau und war die erste stadt deutschlands, die die britische luftwaffe mit einem luftangriff belegte...letztendlich waren 65% der stadt zerstört - das sieht man der stadt auch an, schick wieder erbaut im bebraer barock. 
so...hotel...naja, FAIR-hotel halt...rezeption...erster stock frühstückszimmer, zwei zimmer, zweiter stock zwei zimmer, dritter stock zwei zimmer, wobei das eher zwischengeschosse waren...also kollege von mir residierte in 12 a...ich hatte nummer 6...nach vorne raus - zimmer sauber, bad sauber, w-lan funzt,  alles gut soweit...
supermarkt (kaisers) gleich die straße runter, liegt auf dem weg, bis 21 uhr auf, paßt...
tasche abstellen, hübsch machen, los, filiale suchen. 
das minto...gegenüber dem alten vis-a-vis (kein scherz - das heißt wirklich so)
die neue mitte mönchengladbachs ( kann man auf www.minto.de/konzept nachlesen) 
schick, echt schick...so ein wenig europa-passage im kleinen...filiale incognito betreten, umsehen, über zwei etagen gelegen, groß, hell und vor allem schrecklich modern...wenn ich da an meine liebenswerte bruchbude in hamburg denke, verdrücke ich doch ein tränchen.
so, irgendwann mich denn einfach dahin gestellt in "meine abteilung"...viel los...kollegin blickt hektisch um sich, als sie mich sieht, fragt dann irgendwann, ob sie mir helfen kann. 
ich bin ja manchmal ein theatralischer poser...jacke öffnen, darunter leuchtet das sport-scheck-polo..."ja, vielleicht...ich soll euch helfen"
erleichterter blick, kurz warten, dann bringt sie mich in die rückwärtigen gefilde...wenn man die schöne konsumwelt verläßt, dann befindet man sich in einer art von luftschutzbunker, da liegen die umkleideräume, die sozialräume und die büros der cheffitäten...und siehe da, da erwartete mich auch schon die chefin...die filialleiterin...nonchalant, freundlich, ein wenig hektisch.
ich will es mal so formulieren - würde ich in MGB arbeiten, könnte es durchaus sein, daß wir zwei entweder heiraten oder sie mich achtkantig rausschmeißt...ich war zweimal im büro bei ihr und ich möchte wetten, daß da hinten in dem aktenschrank ein besen steht, auf dem die dame manchmal abends nach hause fliegt.
kurzeinweisung...hier ist dies, dort ist das...wenn sie rauchen möchten, dann draußen bei ausgang 3 oder 4, aber NICHT in sport-scheck-kleidung...und nun rein, ins feuer. 
hoch auf meine "ebene", die kollegin, die mich nach unten geleitet hatte, weist mich kurz ein, "du bist ja jetzt hier, denn bin ich weg"
dann das erste mal das lager betreten (eines von vielen)...oooooch, da kannste ja drin tanzen, wieder eine träne verdrücken, hätt ich gern...irgendwann tauchten auch die anderen kollegen auf, die ansich zuständig waren für den bereich...eine erfahrung, die sich durchzog durch die tage...irgendwie war immer irgendwer irgendwo und keiner wußte wo...ist nicht meine art, zu arbeiten und zu organisieren, aber dafür bin ich wohl zu lange beim breuninger gewesen. 
aber das interessiert da auch niemanden, weil das da alles etwas entspannter ist, weil da das scheinbar alles etwas entspannter sehen, was überwiegend auch für die kundschaft gilt.
zwei leute auf der bank, die ich berate, steht da ein älterer herr...in hamburg würde der backen pusten, beim breuni hätte der schon nach dem chef geschrien...ich realisiere den herrn, frage, ob ich ihm helfen kann, GLEICH..."jo...machensemann, isch seh ja, se hamm zu tun"
stressiger tag, weil viel zu tun...viel zu tun ja, aber nicht stressig, weil keiner meckert, keiner schreit, viele leute sind fohlengenügsam und echt erstaunt, wenn man ihnen helfen will.
abends kurz vor schluß kommt frau besenreiterin dann nochmal im sauseschritt zum durchgang, fragt denn auch nochmal pflichthalber nach, wie denn mein tag so war. 
"ooooch, ganz entspannt, hoffe, sie waren zufrieden..."ganz leger angelehnt.
"ja, war ich...noch zufriedener wäre ich, wenn sie sich nicht auf einen warenträger lehnen würden" - danke, liebe frau...das mit dem heiraten klemmen wir uns, du nimmst den besen, ich geh denn zu fuß zu meinem hotel.
kurz noch einkaufen, rechtschaffen müde, zeitig ins bett...bin ich denn auch...gut, als rückenkranker schläft man eh am besten auf der eigenen matratze...irgendwann weckt mich ein vertrautes geräusch...motorengebrumm und ein beep-beep-beep.
es ist montagmorgen...der wäschewagen von meinem seniorenstift kommt (motor) und parkt rückwärts auf den hof ein (beep-beep-beep) - FALSCH...es ist dienstag morgen in MGB...okay...brummbrumm kommt von den bussen, die im minutentakt seit fünf uhr morgens die hindenburgstraße rauf fahren.
und beepbeepbeep...ich schaue aus dem fenster...kein lieferverkehr - nein...eine harmlose ampel, direkt unter meinem fenster...ist sie für fußgänger rot, schweigt sie...wird sie grün, dann beept sie...im zweiminutentakt.
es ist 5:30 uhr, ich könnte noch zweieinhalb stunden schlafen.

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